Tipps für Arztbesuche von Maria (Autistin)

veröffentlicht im Oktober 2019


Gastbeitrag von Maria, Autistin:

Hallo, liebe Leserinnen und Leser von „Ellas Blog“,
den Beitrag über Autismus im Gesundheitssystem kann ich mal wieder nicht kommentieren, daher schreibe ich einen eigenen Gastbeitrag.

In dieser Woche war ich bei einer Routine-Untersuchung. Nebenbei für die, die es interessiert: es ist alles in Ordnung. Mit meinen Ärzten habe ich Glück: Sie sind höflich, kompetent und sachlich, können zuhören und erklären mir alles auf meine Nachfragen und sehen sich Untersuchungsbilder auch mit mir gemeinsam an. Damit ist schon alles gesagt, was ich von einem Arzt erwarte, und ich habe sie mir zum Teil etwas länger danach ausgesucht. Da ich Berufspendlerin bin und nicht alle Fachärzte an meinem Wohnort vorhanden sind, sind sie weitgehend in der Nähe meiner Arbeit, und es ist für beide Seiten ziemlich normal, dass ich Termine kurz vor oder unmittelbar nach der Arbeit (sog. Randtermine) vereinbare.

Nun habe ich den Vorteil, dass meine Familie weitgehend im medizinischen Bereich tätig ist bzw. war. Ich kann also nicht beurteilen, ob es mit Autismus oder Prägung zu tun hat, dass ich mich rela-tiv wenig geniere und vieles rein medizinisch betrachte. Selbst habe ich auch ein gewisses Spezialin-teresse an medizinischen Dingen und kann Symptome und Beschwerden exakt schildern. Da mein Schmerzempfinden mit Verzögerung eintritt und ich nicht immer einschätzen kann, ob ich mich „anstelle“, achte ich eher auf andere Symptome: Rötungen, Schwellungen, Husten, Fieber … und ich ärgere mich ein bisschen über die Frage der Damen am Empfang, wenn ich mal rasch einen Termin brauche: „Haben Sie Schmerzen?“, als ob es kein anderes Dringlichkeits-Kriterium gäbe. Meine Antwort darauf im Zweifel: „Nein, aber … (deutliche Schilderung der Symptome).“ Meistens klappt es!

Ein Punkt, den ich als Spätdiagnostizierte vielleicht ein wenig anders sehe als Mütter mit betroffe-nen Kindern: wer vor meiner Diagnose mit meiner Art klargekommen ist, braucht jetzt auch nicht darüber aufgeklärt zu werden. Das gilt auch für meine Ärzte. Ich bespreche schließlich mit dem Zahnarzt auch nicht das Ergebnis der letzten Krebsvorsorgeuntersuchung. Nur beim Hausarzt lau-fen alle Infos zusammen.

Wenn Ihr es als notwendig erachtet, den Arzt im Vorfeld aufzuklären, finde ich folgende Punkte wesentlich:

• Ist Körperkontakt im Rahmen von Untersuchungen und Maßnahmen ok? Sollte er angekündigt werden?

• Möchtet Ihr/die Betroffenen bis ins Detail wissen, oder lieber nicht, weil Ihr Euch zu Dramatisches vorstellt?

• Wieviel Information braucht Ihr, um durchdachte Entscheidungen zu fällen? Braucht/wollt Ihr Entscheidungshilfe?

• Könnt Ihr mit Trost etwas anfangen, wenn er das Problem nicht praktisch löst? Wie sieht bei Euch der ideale Zuspruch aus? Oder wollt Ihr lieber erst einmal in Ruhe gelassen werden?

gezeichneter Mensch mit Schlangenlinien, Verwirrung

Für Notfalltermine habe ich mir über diese Punkte einen Zettel erstellt. Weitere Tipps von mir sind

• Fragen an den Arzt im Vorfeld aufzuschreiben, damit man in der Situation nicht vor Aufre-gung die Hälfte vergisst

• Sich im Vorfeld über mögliche Untersuchungen und Maßnahmen zu informieren. Leider habe ich die auf dem Markt befindlichen Kinderbücher nicht im Kopf, halte es aber für eine gute Methode.

Ich hoffe, Ihr könnt damit etwas anfangen.
Liebe Grüße, „Maria“

Weitere Gastbeiträge von Maria:
„Mein Schmerzempfinden tritt mit Verzögerung ein.“

„Das hätte mir als Autistin in der Schule geholfen.“

Zum Weiterlesen:

KOMMENTARE

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  1. Als kleiner Tipp an medizinisches Personal: Im Beisein von Autisten möglichst auf Ironie verzichten. Als ich kürzlich zur Magenspiegelung war, lag ich im Untersuchungsraum, der Arzt kaum herein (er kam wohl Anfang der Woche erst aus dem Urlaub zurück) und wurde vom Pfleger gefragt: „Na, kannst das denn noch?“ Daraufhin sprach die zweite Pflegerin (die toll reagiert hat) sofort auch mich ein und beruhigte mich: „Keine Sorge, er kann das!“

    In meinem Fall nicht so schlimm, aber anderen Autisten, die noch größere Probleme mit Ironie und Untertönen haben, könne solche Witzeleien vielleicht wirklich Angst machen.

  2. „Tipps für Arztbesuche“

    Erfreulich wenn Menschen noch in der glücklichen Lage sind überhaupt einen Arzt zu haben.

    Ich bin zur Zeit auf der Suche nach einem neuen Hausarzt da mein jetziger Hausarzt Anfang nächsten Jahres nicht mehr praktiziert. (Wahrscheinlich aus gesundheitlichen Gründen denke ich mal.)

    Leider hat meine Suche und Anfrage bei verschiedenen Ärzten bisher jedoch nur zu Absagen geführt. Überall heißt es: Aufnahmestopp, wegen angespannter Lage im Kreis!

    Für mich als Autist jetzt echt ein großes Problem, denn auch bei meinem Hausarzt liefen zuvor ja alle Infos zusammen.

    Es ist eine große Herausforderung für mich als Autist (und für einige andere Autisten doch bestimmt auch) überhaupt Anfragen an andere Arztpraxen zu stellen. Hinzu kommt dann natürlich auch noch die Umstellung, da ich ja eine mir recht vertraute Praxisumgebung nun aufgeben muss.

    Mein Arzt kannte mich, nahm mich so wie ich bin und auch das Praxisteam war weitgehend recht annehmbar.
    Und nun heißt es für mich wohl erst mal ohne Arzt auskommen, obwohl ich auf ein wichtiges Medikament angewiesen bin, welches ich regelmäßig nehmen muss.

    Wie gehe ich als Autist hier in so einem Fall nun am besten vor?
    Gibt es Tipps zur Arztsuche?

    Ich bin da bisher leider nirgends fündig geworden.

    1. Liebe Zarinka, wenn ich es richtig verstehe, bist Du mit Deinem bisherigen Hausarzt zufrieden. Könntest Du diesem Dir vertrauten Arzt Deine Situation schildern? Wenn er Dich bisher behandelt hat, wird er Dich sicherlich verstehen und kann bei der Suche nach einem geeigneten Kollegen vielleicht weiterhelfen und den Kontakt dorthin anbahnen bzw. vermitteln.
      LG Silke

  3. Hallo Silke,
    erst mal danke für deine Rückmeldung.

    Mein jetziger Arzt hat leider sichtlich, sehr große Mühe mit dem Sprechen und war schon bei meinem letzten Besuch nur noch sehr, sehr schwer zu verstehen. Auf mich wirkte er zudem doch ziemlich angeschlagen, denn so kannte ich ihn all die Jahre zuvor nicht.

    Ich denke dass ihn wohl selbst eine schlimme Sache ereilt hat und er eben aus diesen Gründen nun auch nicht mehr weiter praktizieren kann. Ansonsten hätte er mich doch bestimmt schon bei meinem letzten Besuch auf kommendes Problem aufmerksam gemacht (denke ich jetzt mal) und mir Lösungsvorschläge unterbreitet.

    Auch wenn er mich stets so nahm wie ich bin und schon recht oft Rücksicht auf mich nahm, so hielt er von meiner Diagnose Asperger Syndrom aber anscheinend auch nicht wirklich „viel“.

    Dennoch kamen wir weitestgehend klar miteinander.

    Zwar befindet sich in besagter Praxis noch ein anderer Arzt, jedoch wurde „uns“ Patienten schon mitgeteilt dass es ihnen leider nicht möglich ist uns jetzt auch noch zu übernehmen da sie selbst schon bis oben hin voll wären.
    Und da in unserer Region eh schon Ärztemangel herrscht, wird auch mein Noch Hausarzt mir da wahrscheinlich keine Lösungsvorschläge anbieten können.

    Hier wäre es meiner Meinung nach schon wünschenswert wenn sich da mal das Gesundheitssystem generell solcher Probleme annehmen würde und Patienten (so wie halt eben auch erwachsenen Autisten) hier nicht einfach mal so die „Türe vor die Nase zuschlagen“.

    Irgendwann wird ähnliches eventuell ja auch mal andere erwachsene Autisten treffen. Und dann stehen sie ja auch vor der Frage: Wohin jetzt, an wen kann ich mich wenden wenn ich einen neuen Arzt/Hausarzt brauche?

    Es ist nicht das erste mal dass ich mich nach einem neuen Hausarzt umsehen muss. Vor vielen Jahren hatte ich schon mal eine Hausärztin die von heute auf morgen einfach nicht mehr da war. Sie ist gegangen ohne auch nur ein Wort, bei meinem letzten Besuch bei ihr, darüber zu verlieren.

    Da wurde ich dann zwar von einem ihrer Kollegen kurzfristig übernommen, aber mit Autismus „hatte er nichts am Hut“ wie er mir so schön sagte.

    Das war Grund genug für mich diesen Arzt schnellstmöglich zu wechseln. Mit solchen Sprüchen sollten sich Ärzte besser zurück halten. Sie wissen gar nicht was sie letztendlich bei Autisten damit anrichten.

    Wertschätzung scheint vielen? oder zumindest einigen Ärzten wohl ein Fremdwort zu sein. Heute wie auch damals schon.

    1. Liebe Zarinka, das tut mir sehr leid, dass Du so negative Erfahrungen machen musstest. Als Tipp fällt mir noch ein, dass Du Dich vielleicht an ein Autismus-Kompetenzzentrum oder einen Selbsthilfeverein wenden könntest mit der Bitte, Dir Erfahrungswerte zur Ärztin in Deiner Region zu geben. Vielleicht findest Du auf diese Weise einen geeigneten neuen Arzt. Auf jeden Fall wünsche ich Dir alles Gute dafür.

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