Heute beginnt auch in Bayern wieder die Schule. Wie fast jedes Jahr als letztes Bundesland, da es bei uns meistens erst im August mit den freien Tagen losgeht.
Für Niklas ist es „der letzte erste Schultag nach den Sommerferien“, weil er nun in sein letztes Schuljahr startet. Das bedeutet für ihn, dass nach diesem Schuljahr etwas Neues beginnen wird und für uns Eltern, dass wir dann keine Schulkinder mehr haben werden – keine 13 Wochen Ferien mehr im Jahr.
Mir ist bewusst, dass viele Familien mit autistischen Kindern froh über Ferien sind, weil ihre Kinder dann nicht mehr dem gesellschaftlichen Druck ausgesetzt sind, Schonzeit von möglichem Mobbing in der Schule haben und alles relaxter angegangen werden kann.
Aber es gibt auch Familien, wie wir eine sind, die sehr froh sind, wenn der Alltag wieder beginnt. Denn in den Ferien sind wir lückenlos für unsere Kinder da, Pflege, Aufsicht, Beschäftigung nonstop, auch in der Nacht. Das ist anstrengend und auch für die Kinder manchmal ziemlich unbefriedigend, wenn sechs Wochen lang nur Mama und Papa um sie rum sind, weil es schwer ist, andere Kontakte zu pflegen oder Unternehmungen zu machen.
Wenn Du zu den Eltern gehörst, für die Ferien zur anstrengendsten Zeit im Jahr gehören, dann ist es vielleicht ein Lichtblick für Dich zu hören, dass es bei uns mit den Jahren besser geworden ist. Niklas hat zwar die letzten vier Wochen fast ausschließlich mit uns Eltern verbracht, so dass wir alles andere hinten anstellen mussten. Aber am Ende der Sommerferien ging es mir noch nie so gut wie dieses Jahr. Ich bin zwar ausgelaugt, aber nicht vollkommen fertig. Es ist etwas leichter geworden.
Woran liegt das?
Das kann ich gar nicht so genau sagen.
Ich glaube, zum einen gewöhnt man sich an Vieles. Manche Anstrengung ist normal geworden, so dass ich sie nicht mehr explizit wahrnehme.
Was ich aber bewusst verändert habe, ist die Herangehensweise an Ferien. Meine Erwartungshaltung ist eine komplett andere als in früheren Jahren, in denen ich mit der Fremdbestimmung, die diese Zeit mit sich brachte, sehr haderte. Das Gefühl kommt immer noch dann und wann durch, aber es ist nicht mehr dominierend, weil ich es sowieso nicht ändern kann. Warum also damit hadern?
In den ersten beiden Wochen konnte Niklas an einer Ferienbetreuung in der Schule teilnehmen. Die gibt es erst seit drei Jahren und es ist eine enorme Entlastung für uns Eltern und für ihn eine superschöne Abwechslung und Bereicherung, wenn damit bereits ein Drittel der Zeit überbrückt wird. Auch das ist ein Faktor, der sich positiv auswirkt.
Als diese beiden Wochen vorüber waren, hatte ich trotzdem kurz den panischen Gedanken, dass nun vier Wochen Rund-um-die-Uhr-Betreuung folgen würden. Das währte aber nur kurz, dann ermahnte ich mich, von Tag zu Tag zu denken und das klappte gut. Nicht den großen Berg vor Augen haben, sondern Stück für Stück.
Zwei Wochen davon verbrachten wir in Schweden und auch das war für dieses Jahr eine gute Entscheidung. Wir sahen und erlebten zwar nicht so viel, wie sonst auf unseren Womo-Touren, aber die Ruhe tat uns allen gut.
Die kleinen Zeitinseln, die einem geschenkt werden, bewusst genießen und wertschätzen, z.B. eine Tasse Kaffee trinken oder fünf Minuten auf der Terrasse sitzen. Das musste ich auch erst lernen und es klappt immer besser und trägt dazu bei, Kraft zu schöpfen und zu sammeln.
In diesem Sinne möchte ich allen Mut machen, die jetzt vielleicht auch am Ende der Ferien stehen und vor Erschöpfung nicht mehr ein und aus wissen. Ich weiß aus vielen Jahren sehr genau, wie sich das anfühlt. Aber es kann besser werden. Ein Stück weit hast Du es selbst in der Hand, weil auch die eigene Haltung mit entscheidend ist – nicht ausschließlich, aber durchaus für einen Teil.
Und all denen, die den Alltag fürchten, der nun wieder eintritt oder in anderen Bundesländern bereits seit einiger Zeit wieder am Laufen ist, möchte ich viel Kraft wünschen. Ich wünsche Euch Menschen an Eurer Seite, die Euch Verständnis entgegenbringen und wirkliche Unterstützung leisten.
Richtig schön zu erleben war heute, wie Niklas die Namen seiner Schulfreunde, Lehrer, Erzieher und Mitarbeiter in der Schule rauf und runter gebärdete, weil er sich so sehr auf sie freut. Besser geht´s ja nicht. Und daher wünsche ich natürlich auch ihm einen tollen Start in sein letztes Schuljahr.
Ganz herzlich, Eure Silke alias Ella
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