Niklas ist nicht-sprechender Autist.
HIER hatte ich seinen Weg zur Gebärdensprache beschrieben und HIER über seine Begleitung durch Schulbegleiterinnen mit Gebärdenspachkompetenz gebloggt.
Wenn man anfängt, sich mit Gebärdensprache zu beschäftigen, kommt man mit allerlei Abkürzungen in Berührung. Ich habe das für Euch ein wenig auseinander klamüsert.
DGS, LBG, LUG, GuK – was bedeutet das alles?
Die DGS ist die Deutsche Gebärdensprache. Sie ist seit 2002 offiziell anerkannte Sprache mit eigener Grammatik, Syntax und weiteren Parametern, die man in allen gesprochenen Sprachen findet.
Die Gebärden der DGS fließen in Niklas‘ Gebärdenwortschatz ein. Er gebärdet allerdings bis jetzt nur einzelne Wörter nacheinander, meist in der Reihenfolge, in der sie gesprochen werden, ohne dass er die korrekte Grammatik verwendet (ähnlich wie in der LBG, siehe unten).
Wichtiger Bestandteil der DGS sind auch Mimik und Körpersprache. Daher wurde ich schon oft darauf angesprochen, dass das doch bei einem Autisten, der Mimik nicht gut interpretieren kann, nicht funktionieren könne.
Doch tut es.
Wir haben den Eindruck, dass im Zuge des Erlernens der DGS das Erlernen von Mimik-Interpretation automatisch mit erlernt wird – in dem Sinne, dass es den Blick auf das Gesicht des Gegenübers oder auch den Blick für das Gesicht des Gegenübers interessanter macht.
Wir fordern das jedoch nicht ein – es bleibt Niklas überlassen, wann und wie oft er sein Gegenüber ansieht.
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Neben der DGS gibt es auch andere Formen visuell-sprachlicher Hilfsmittel und Ausdrucksweisen, die auf die Bedürfnisse der Anwender zugeschnitten wurden, aber im Gegensatz zur Deutschen Gebärdensprache keinen eigenen Sprachstatus haben.
Die LBG (lautsprachbegleitende Gebärden) und die LUG (lautsprachunterstützenden Gebärden) sind Zeichensysteme, die künstlich geschaffen wurden und entweder Wort für Wort (LBG) oder nur die Schlüsselwörter gebärden (LUG). Mimik und Körpersprache entfallen hier weitgehend. Das System GuK (Gebärden unterstützte Kommunikation) kennen vielleicht einige – hier handelt es sich um LUG.
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Leider sind die jeweiligen Gebärden nicht international gültig.
Jedes Land pflegt eine eigene Gebärdensprache und sogar Regionen innerhalb Deutschlands verwenden unterschiedliche Dialekte. Natürlich gibt es sowohl international wie auch national Schnittmengen. Manche Gebärden müssen aber auch in ihrem jeweiligen sozio-kulturellen Kontext gesehen werden, um Missverständnisse zu vermeiden: So bedeutet z.B. ein aus Daumen und Zeigefinger geformter Kreis in den meisten Teilen Europas „gut“ oder „in Ordnung“, in Südamerika und Russland hingegen werden mit dieser Geste Homosexuelle beschimpft.
Meiner Meinung nach ist es für den Einzelnen wichtig, ein allgemeingültiges System zu verwenden und nicht zwischen einzelnen Sprachen hin und her zu wechseln und diese zu vermischen. So kann ein nachhaltiges Kommunizieren aufgebaut werden. Das Verstehen-werden ist dann nicht mehr von Bezugspersonen abhängig, die eine Art Geheimsprache mitgelernt haben, sondern davon, ob Bezugspersonen eine allgemeingültige Gebärdensprache beherrschen.
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Lehr- und Hilfsmittel, Links
Es gibt inzwischen einen recht guten Markt mit Artikeln zur Gebärdensprache. Das reicht von Lernkarten, über Bücher und DVDs mit Geschichten und Lehrmaterial bis hin zu Apps für´s Handy und Kursangeboten. Vielleicht ist es ein schöner Anfang, eine DVD mit Geschichten zu verwenden, die mit Gebärden begleitet werden. Auf diese Weise kann man möglicherweise ganz spielerisch das Interesse für Gebärden wecken.
Folgende Seiten bieten sich zum Stöbern an:
„Allgemeines Gebärdenwörterbuch“ (online) – ständig wachsend
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Zum Weiterlesen: