Erfahrungsbericht einer Schulbegleiterin, die seit vielen Jahren autistische Schüler unterstützt

veröffentlicht im März 2019


Bild mit Schülern an einem Tisch

Gastbeitrag:

Liebe Silke, Danke, dass du mir die Möglichkeit eines Gastbeitrages gibst. Mein Anliegen ist es, über die Situation der Anstellung in der Schulbegleitung zu berichten.

Zu meiner Person:
Ich bin seit 10 Jahren an einer Förderschule als Fachkraft (Erzieherin).
8 Jahre davon betreute ich einen nichtsprechenden jungen Mann mit ASS.

Bereits in meiner Ausbildung vor über 20 Jahren konnte ich erste Erfahrungen in diesem Bereich sammeln. Ich habe schon in einigen anderen Schulen und in verschiedenen Schularten, sowie mit anderem Klientel vertreten dürfen.

Ich arbeite leidenschaftlich gerne als Schulbegleitung und finde es jeden Tag als Herausforderung, aber auch als totale Bereicherung für mein Leben.
Ich habe bezüglich Autismus eine Vielzahl von Fortbildungen besucht und viele Einrichtungen und Fachleute kennenlernen dürfen.

In den ersten Jahren musste ich mich zu den Sommerferien jedes Jahr im Juli arbeitsuchend melden, da der Bezirk und der damalige Arbeitgeber nie wussten, ob die Schulbegleitung weiter bewilligt wird. Ich hatte zumindest das Glück, dass meine eingearbeitete Zeit für die Sommerferien gezahlt wurde – von vielen Schulbegleitern weiß ich, dass dies nicht immer der Fall ist.
Nach drei Jahren wechselte ich dann meinen Arbeitgeber, da dieser eine bessere Bezahlung, Sozialleistungen und auch Fortbildungen, sowie Teamsitzungen anbot. Dies ist leider bei einer Vielzahl von Trägern nicht der Fall.

In den letzten Jahren nimmt der Markt an Arbeitgebern für die Schulbegleitung stetig zu. Liest man Stellenanzeigen nur für meine Stadt, gibt es zwischenzeitlich mindestens 10 verschiedene Träger.
Jeder dieser Träger hat andere Rahmenverträge mit den Mitarbeitern und auch nach 10 Jahren Inklusion gibt es in diesem Bereich noch Arbeitgeber, die zu den Sommerferien ausstellen oder den Schulbegleitungen die Stunden vom Gehalt abziehen, sollte das Kind krank sein oder früher abgeholt werden.
Viele der Schulbegleiter erhalten Jahr für Jahr nur einen Jahresvertrag und müssen im Juli um ihre Arbeitsplätze bangen und wissen oft nicht, an welcher Schulart und an welchem Ort sie im darauffolgenden Schuljahr eingesetzt werden.
Daraus ergibt sich, dass man jährlich den Arbeitnehmer wechseln sollte oder müsste, möchte man seine Qualifikationen einbringen.

Viele Schulbegleitungen arbeiten als Hilfskräfte (ohne pädagogische Vorkenntnisse) und werden demensprechend schlecht bezahlt und erhalten wenig oder keine Einarbeitung sowie Fortbildungen. Oft ist man gerade zu Beginn der Arbeit sehr auf sich alleine gestellt, hat man nicht eine Lehrkraft die sich, um den Schüler mit Begleitung bemüht.

Ich hoffe sehr für alle Schulbegleiter und auch für die zu betreuenden Kinder, dass sich dies endlich ändert und die Arbeitsbedingungen sich in diesem Bereich verbessern. Nur dann ist es möglich, dass alle motiviert und und langfristig sich in diesem Arbeitsgebiet einbringen können.

Danke für Dein bereits langjähriges Engagement als Schulbegleiterin. Es ist toll, dass Du trotz der häufig widrigen Rahmenbedingungen dabei geblieben bist und unsere autistischen Kinder unterstützt.

Gerne veröffentliche ich weitere Erfahrungsberichte von Schulbegleiter_innen. Schreib mich gerne an.

Der Onlinekurs „Autismus und Schule“ bietet eine Einführung und Vertiefung für Schulbegleiter_innen, die mit autistischen Kindern und Jugendlichen arbeiten. HIER bekommst Du weitere Informationen.

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KOMMENTARE

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  1. Hallo, meine Erfahrung als Vertreter eines Anbieters ist auch das die Bedingungen oft schlecht sind. Das liegt aber zum Teil an der Struktur der Hilfe, die noch immer nicht einheitlich geregelt ist. Zum einen werden die Hilfen von unterschiedlichen Kostträgern mit unterschiedlichen Bedingungen bewilligt. durch die Einzelfallhilfe ist die Schulbegleitung eine recht teure Hilfe und dem entsprechend werden oft die billigsten Anbieter genommen. Mit niedrigen Stundensätzen kann der Anbieter wenig an Zusatzleistungen bieten, wie regelmäßige Fortbildungen. Der Anbieter bekommt nur die tatsächlich geleisteten Stunden bezahlt. Wenn der Mitarbeiter krank ist, das Kind in Kur fährt etc. bleibt er auf den Kosten sitzen.
    Eltern können seriöse Anbieter unterstützen, in dem sie es ablehnen die Hilfe von windigen Anbietern anzunehmen, die nur auf das schnelle Geld aus sind.
    Hört euch um mit welchem Anbieter die Schule gute Erfahrungen gemacht hat oder wie die Erfahrungen in den örtlichen Selbsthilfegruppen sind. Achtet darauf das der Anbieter nach Tarif bezahlt und regelmäßige Teamsitzungen anbietet.
    Ein seriöser Anbieter setzt sich für die Belange von allen Seiten ein, Eltern, Kind, Schule und Kostenträger. Man erkennt ihn auch daran das er sich, wenn es mal nicht rund (was leider immer mal passieren kann) läuft kümmert und weder MA noch Eltern alleine lässt.

    1. Ich arbeite seid September als Schulassistentin. Dabei komme ich ursprünglich aus dem Gastgewerbe, wo ich auch mit einem Restaurant selbständig war. Das Gehalt ist nicht so rosig, mir wäre lieber, wenn ich für die gleiche Arbeit den gleichen Lohn bekommen würde, als meine Kollegin, die ausgebildete Kindergarten pädagogin ist. Aber so is es leider halt mal. Nun aber zu meiner jetzigen Situation. Die Lehrerin in der Klasse (4.Volkschule) ist sehr Autoritär, flippt regelmäßig aus. Im Religionsunterricht haben Kinder schon mal Gott dafür gedankt, das ich jetzt in ihrer Klasse bin, damit diese Lehrerin nicht so oft ausflippen muss. Nun ist es aber so, daß ich bald nicht mehr kann, den diese Gemeinheiten den Kindern gegenüber, die halte ich kaum noch aus. Wenn ich mit meiner Arbeitgeberin darüber spreche, meine sie, ich solle es nicht persönlich nehmen. Damit müsse ich umgehen. Als jetzt, nach den Energieferien der Unterricht begann, hat besagte pädagogin die Kinder die erste halbe Stunde!! übelst niedergemacht. Ich sitze dann mittendrin und darf nichts dazu sagen, muss mich ihren Launen nach einmal so und einmal so verhalten. Vorgestellt hat sie mich der Klasse übrigens als Hilfslehrerin!! Bei Planarbeiten sollen die Kinder zu mir kommen, wenn sie sich wo nicht auskennen. Ich bin dann in der ganzen Klasse unterwegs und versuche den Kindern zu helfen, so gut es geht. Denn wenn die Kinder zu ihr gehen, schreit sie sie meist zusammen und behauptet, daß müsste jetzt schon sitzen, usw….die Kinder sind dadurch ziemlich verunsichert. Ich finde diese Situation ziemlich niederschmetternd und weiss, ehrlich gesagt nicht, was ich tun kann und soll.

  2. Hallo!
    Ich habe das Interview und die Kommentare mit großem Interesse gelesen, da ich im September als Schulbegleiterin anfangen werde. Momentan ist alles noch in der Organisationsphase und ich soll mir einen Träger suchen, also die AWO, oder die Lebenshilfe etc. Wie wählt man da das Richtige? Die Schulbegleiterin, die von ihrer Erfahrung berichtet hat, hat irgendwann sogar gewechselt. Ist es möglich, von ihr noch zu erfahren, was sie empfiehlt?

    1. Liebe Cristiana, den Träger könntest du danach aussuchen, welche Fortbildungen du bekommst und wie du fachlich unterstützt wirst.
      Falls du bereits weißt, welches Kind du begleiten wirst, könnte die Familie die Schulbegleitung auch selbständig über das Persönliche Budget finanzieren. Dann müsstest du dir keinen Träger suchen.

  3. Hallo! 😊
    Ich arbeite erst seit März diesen Jahres als Integrationshelferin an einer Grundschule und die Arbeit macht mir wirklich sehr viel Freude.
    Leider finde ich die Rahmenbedingungen was die Bezahlung angeht leider alles anders als super.
    Nur gesetzlicher Mindestlohn, trotz Ausbildung als Kinderpegerin und das ich mich arbeitslos melden musste für die Sommerferien, obwohl ich mein I-Kind für das kommende Schuljahr weiter begleiten werde.
    Aktuell mache ich noch eine Weiterbildung, die ich selbst bezahle über die Fernakademie als „Fachkraft für Integrationspädagogik“ und hoffe irgendwann auf einen Träger, der auch nach Qualifikation bezahlt.
    So kann man seinen Leben nicht finanzieren und daher habe ich auch noch einen Nebenjob als ungelernte Kraft, in Feststellung und bekomme mehr Stundenlohn.
    Da muss definitiv etwas gemacht werden. Der Bedarf steigt immer mehr aber bei den Bedingungen möchte es fast niemand machen.

  4. Guten Abend,

    ich finde Ellas Blog auch sehr hilfreich! Es werden viele alltagsbezogene und authentische Zusammenhänge angesprochen, was man – auch nach sehr eingehender Recherche über das Thema Autismus-Spektrum-Störung selten findet. In meinem Fall ist alles noch nicht sicher – wir haben vor ca. einem Monat für meine größere Tochter (fast 4 Jahre alt) die Verdachtsdiagnose Autismus erhalten, aber es scheint sich allgemein abzuzeichnen, dass es eher in die Richtung einer sicheren Diagnose läuft, denke ich. Damit meine ich, dass wir durch die Meinung unserer Heilpädagogin von der Frühförderstelle, durch unsere Logopädin und durch Untersuchungen im SPZ sowie durch „Schwierigkeiten im Kindergarten“ immer mehr Indizien für das wahrscheinliche Vorliegen einer ASS bei unserer Tochter Emilia erhalten.

    Ich wollte auch etwas zum Thema Schulbegleitung schreiben – ich bin eine Mutter, die darauf hofft, durch die Betreuung meiner Tochter durch eine Einzelintegrationsfachkraft in ihrem neuen Kindergarten, Emilia die Unterstützung bieten zu können, die ihr hilft, sich dort besser einzufinden und sich wohlzufühlen.
    Wir haben als Familie allerdings eine etwas andere Form der Schwierigkeit bezüglich der Einzelintegration und Betreuungssituation unserer Tochter: Wir suchen schon sehr lange nach einer größeren Bleibe, da Emilia noch eine zweijährige Schwester hat und wir langsam mehr Platz brauchen. Hinzu kommt, dass unsere Nachbarn uns auch bereits auf das häufige Schreien von Emilia angesprochen haben und es die Wohnsituation zusehends unangenehmer macht (wir wohnen auf der 3. Etage eines Mehrfamilienhauses). Wir sind durch Emilias Platz im neuen Kindergarten nun aber (zumindest) gefühlt an unsere Stadt gebunden und befürchten, Zeit zu verlieren bezüglich Emilias Förderung und Entwicklung, sodass wir uns gewissermaßen ohnmächtig fühlen.
    Es ist ein integrativer Kindergarten und es ist für mich unverständlich, wie es sein kann, dass uns der Platz nicht mehr zusteht, sobald wir das Stadtgebiet verlassen. Es gibt erst wieder 100km weiter einen anderen integrativen Kindergarten… und auch bei der Überlegung kommt wieder dazu, dass ein Ortswechsel sowieso Zeit in Anspruch nimmt und Emilia in der Zeit noch daheim bleibt…

    Gibt es vielleicht hier jemanden, der ähnliche Erfahrungen gemacht hat und einen Tipp hat, wie man ggf. noch mit dieser Situation umgehen kann? Die Wohnsituation ist allgemein ein Stressor, natürlich vor allem für uns, Emilias Eltern, aber es ist sicher nicht zuträglich für sie, wenn ihre Eltern sich in dieser Wohnsituation selbst nur noch beengt, von den Nachbarn missverstanden fühlen, und seinen Kindern auch mehr Platz und Entfaltungsraum bieten möchte…

    Liebe Grüße und alles Gute!

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Es ist immer wieder überwältigend, was wir als Eltern autistischer Kinder bedenken, organisieren und verarbeiten müssen. Neben viel Wissen und Erfahrungen, die du hier im Blog findest, ist eine solidarische Gemeinschaft unglaublich hilfreich. Das Forum plus ist ein geschützter Bereich nur für Eltern autistischer Kinder. Hier findest du außer praktischen Tipps viel Verständnis und Menschen, die ähnliche Erfahrungen machen wie Du.

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