Mona (Name geändert) ist Autistin und schreibt über den enormen Druck, den Anpassung und Kompensation erzeugen. Das ist ein Thema, das im Bereich Autismus häufig übersehen wird, vor allem auch bei Mädchen und Frauen, die Autistinnen sind.
Aber lest selbst, wie Mona das aus ihrer Innensicht beschreibt:
Gastbeitrag von Mona:
Liebe Ella,
ich wollte gerade einmal sagen, wie gerne ich deine Beiträge lese und wie viel Mut sie mir jedes Mal machen.
Ich bin selbst Asperger Autistin und es ist nicht immer einfach. Meine mittlere Tochter ist ebenfalls Autistin (frühkindlich). Ich habe mir bisher vieles aufgebaut und auch vieles erreicht und trotzdem komme ich immer wieder an diesen Punkt zurück, an dem ich nicht sagen kann, was ich fühle, was ich denke bzw. wie es mir zur Zeit geht.
Ich funktioniere immer und bin, so gut es eben geht, angepasst. Wie schwer mir das fällt, sieht oft keiner.
„Dann musst du das ändern“. Das höre ich sehr, sehr oft. Aber wie soll ich ändern, dass ich nicht weiß, was ich fühlen soll?
Ich bin nicht in der Lage zu sagen, wie ich mich wirklich fühle. Aber es ist ein negatives Gefühl. Obwohl ich für alle ein offenes Ohr habe, auf alle Probleme und Sorgen Rücksicht nehme, scheint mich irgendwie niemand zu verstehen.
Wie auch? Ich weiß ja selbst nicht, wie ich mich fühle.
Ich bin mittlerweile so gut darin mich zu verstellen und anzupassen, dass ich gar nicht mehr weiß, wer ich eigentlich bin. Dass ich innerlich weine, sieht niemand.
Meine Worte werden oft missverstanden, fehlinterpretiert. Ich fühle mich so ausgelaugt, irgendwie traurig und leer, aber auch wütend glaube ich. Aber ob auf mich selbst oder auf andere, weiß ich gar nicht so recht.
Ich sage oft Termine mit Freunden ab, weil mich diese Kaffeetischgespräche einfach nerven und langweilen. Ich kann aber auch schlichtweg nicht mitreden. Für mich ist das kein konstruktives Gespräch, wenn ich nicht über mein Fachwissen sprechen kann.
Ich bitte andere oft darum, dass die mir sagen, was das Problem ist, warum sie gerade so gucken, wie sie gucken usw. Weil ich es eben nicht verstehe. Ich fühle mich nicht ernst genommen und habe das Gefühl, dass mir gegenüber weniger Respekt gezeigt wird, eben weil ich dieses Problem habe.
Und ich habe das Gefühl, dass es mit dem Alter immer schlimmer wird.
Eigentlich möchte ich nur noch Zeit für mich und meine Familie. Freunde finde ich sehr anstrengend. Obwohl ich gerne Freunde habe und auch mit ihnen zusammen bin, aber am Liebsten, wenn sie keine Probleme haben und wir nur das machen können, was wir auch geplant haben.
Ich habe es so satt immer derjenige zu sein, der als letztes einen Witz versteht, der offensichtlich nie irgendwelche Sprichwörter versteht oder sich in einfache Gespräche integrieren kann. Ich hab es so satt, immer allen sagen zu müssen, dass ich es nicht verstehe. Ich habs satt, korrigiert zu werden. Für dumm gehalten zu werden.
Ich bin alles andere als dumm. Viele können mir gedanklich nicht das Wasser reichen, aber ich wäre lieber dumm, denn dann würde es mir wahrscheinlich nichts ausmachen, dass ich so bin, wie ich bin.
Besonders sein ist manchmal schön, wenn ich in meine eigene Welt abdriften kann, aber es ist so hart so zu tun, als wäre man „normal“. Mein Leben lang habe ich mich wie ein Außenseiter gefühlt. Bis zur Diagnose meiner Tochter vor ca. vier Jahren wusste ich nicht einmal was Autismus ist. Und erst vor ca. drei Jahren habe ich durch meine Eltern erfahren, dass ich Autistin bin. Ich wünschte, sie hätten mir das eher erzählt, dann hätte ich mich nicht immer so komisch gefühlt.
Ich habe mir immer gewünscht, irgendwann normal zu werden. Habe mir immer eingeredet, wenn ich einmal älter bin, dann habe ich diese Probleme nicht mehr. Ich kann einfach mit niemandem wirklich offen darüber sprechen.
Ich möchte meinen beiden anderen Töchtern einen guten Start geben, ohne, dass sie vorverurteilt werden, weil ich eben nicht neurotypisch bin.
Es sind noch so viele Gefühle in meinem Kopf, die kann ich aber nicht wirklich zusammenfassen oder deuten. Es ist ein komplettes Wirrwarr und je mehr ich versuche, einzelne Emotionen mich selbst betreffend herauszufiltern, verliere ich den Überblick. Ich versuche dann oft herzuleiten, wie andere sich fühlen könnten, aber das sind ja dann auch nicht wirklich meine Gefühle.
Danke fürs Lesen und Zuhören, liebe Grüße, Mona
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Danke Dir, liebe Mona, für Deine Offenheit und den Einblick in Deine Gedanken.
Ich hoffe, dass dieser Beitrag ein Stückchen mehr dazu beiträgt, für die enormen Anpassungs- und Kompensationsleistungen, die viele Autistinnen und Autisten erbringen, zu sensibilisieren.
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Zum Weiterlesen:
Lisa: „Autistische Frauen kompensieren so gut, dass sie kaum auffallen. Auf Dauer macht das krank.“
Ich „höre“ meine Tochter sprechen. Obwohl die eine „verschlossene Auster“ ist und nicht über ihre Gefühle spricht. Aber MEIN Gefühl sagt mir, dass es ungefähr so sein kann. So stelle ich mir ihr Seelenleben jedenfalls vor, das passt.
Die einzige Möglichkeit, überhaupt mal irgendeinen schemenhaften Eindruck zu bekommen, oder irgendeine Aussage von ihr dazu, wie es ihr geht, besteht darin, dass ich sie nach der Skala von 1 bis 10 frage (1 = maximal mies, 10 = supergut)…meistens liegt dann was so bei 6. Tja. Und ansonsten muss man halt genau hinschauen. Und vieles erahnen.
Ich weiß gar nicht mal, ob bzw inwieweit es geholfen hätte, früher zu wissen, man ist autistisch. Ich befürchte, das Gefühl, man passe irgendwie nicht richtig dazu, bleibt bestehen. Das sage ich aus unserer familiären Erfahrung hier. Tochter ist 13 (sowieso nicht die beste Zeit in Leben) und weiss davon, seit sie 6 ist. Sie war sehr früh diagnostiziert (vor ca 2 jahren dann nochmal) Es gab viele Therapien und Gespräche, gibt es auch immernoch. Trotzdem fühlt sie sich in der Schule als „Looser vom Dienst“, hat auch tatsächlich (trotz ihrer Sehr hohen Intelligenz!) große Probleme, gehört sozial nicht richtig dazu, fühlt sich als Aussenseiterin und mein Eindruck ist, sie ist es auch. Warum auch immer. Ich kann gar nicht richtig nachvollziehen, was es offensichtlich so schwierig macht, mit ihr gut befreundet zu sein. Was genau es ist, das die anderen ein Stück weit davon abhält. Ich bin ratlos.
Und ich versuche, sie in ihren Stärken zu bestätigen, diese zu fördern. Und ich habe sie unendlich lieb. WEIL sie so ist, wie sie ist.
„Ich bin Autistin und es ist so hart, immer so zu tun, als sei man ´normal´“
Das sehe und erlebe ich ebenfalls so.
Was ich persönlich zusätzlich jetzt noch an der ganzen Sache hart finde ist: Egal wie sehr ich mich auch bemühe „normal“ zu erscheinen, ich werde dennoch nicht von anderen als „normal“ wahrgenommen.
Auch ich bemühe mich stets für alle ein offenes Ohr zu haben, auf viele Probleme und Sorgen Rücksicht zu nehmen. Jedoch persönlich stoße ich in meinem Umfeld oft (um nicht zu sagen ständig) auf völlig „verschlossene“ Ohren.
Regelmäßig werde ich einfach immer wieder missverstanden.
Und Ich fühle mich nicht nur als würde ich nicht ernst genommen, ich stelle einfach fest dass meine Probleme wirklich nicht ernst genommen werden. Das ist seit meiner Kindheit leider schon so der Fall und macht sich jetzt (wo ich älter werde) immer deutlicher bemerkbar.
Respekt sieht für mich anders aus als das was ich oft „an den Kopf geworfen“ bekommen habe und auch heute noch bekomme.
Meine Probleme werden (und wurden auch schon früher) mir oft als „nur nicht wollen“ oder „nun stell dich mal nicht so an“, oder „was gibt es denn daran nicht zu verstehen“ vorgeworfen.
Das ist frustrierend und hat zur Folge dass ich mich immer mehr in meine eigene Welt zurückziehe und jeglichen Kontakt zu anderen Menschen (so gut es geht) meide.
Und was meine eigenen Gefühle jetzt angeht: Ich kann ebenfalls nicht sagen was ich fühle, was ich denke oder wie es mir geht.
Ich versuche es dann hier und da über meinen Verstand her abzuleiten, aber über den Verstand lassen sich meiner Meinung nach einfach keine Gefühle erfassen.
Mich jetzt nach der Skala von 1 bis 10 abzufragen (wie ja oft von Ärzten und Psychologen vorgeschlagen wird) hilft mir persönlich jetzt leider ebenfalls nicht weiter. Egal ob es da um die Frage von Schmerzen oder Gefühlen geht.
Ich spüre zwar dass da ein Gefühl ist, dennoch kann ich nicht sagen was jetzt genau es ist und/oder wie es mir damit geht.
Aber das trifft jetzt nur auf mich persönlich zu, für andere kann ich natürlich nicht sprechen.
Ich verstehe zwei Dinge nicht.
1) Wenn es heißt, es sei so anstrengend, sich anzupassen, was genau ist damit gemeint? Was genau wäre anders, wenn man sich nicht anpaßt? Ich würde gerne Beispiele lesen, was genau man schauspielert und wie man es eigentlich lieber, also autenthisch, machen würde. Unter einem allgemeinen „anpassen ist so schwer“ kann ich mir einfach nichts vorstellen, denn anpassen ist ja immer schwer (gehe ich zumindest von aus). Meiner Meinung nach macht es doch mehr Sinn, sich authentisch zu verhalten und gut dabei zu fühlen; den toleranten Menschen wird das ja relativ egal sein und schlecht fühlen sich dann nur die Intoleranten, aber das ist dann deren Problem und nicht das eigene.
2) Wenn Freunde anstrengend und die meisten Gespräche für einen nutzlos sind, warum tut man sich das an? Wer zwingt einen denn dazu? Es ist doch die eigene Entscheidung, ob und wieviel Kontakt man zu anderen hat. Nur weil es offenbar gesellschaftlicher Konsens ist, daß man Freunde braucht, kann man doch dazu eine abweichende Meinung haben und diese auch ausleben?!
1.) Wir wachsen mit den teilweise unausgesprochenen Erwartungen unserer Gesellschaft auf die mit zunehmenden Alter nur anspruchsvoller und komplexer werden. Sobald ich mich in einer Situation befinde, in der ich mit anderen sozial interagieren muss, beginne ich auf jahrelang mühevoll aufgebaute standardisierte Verhaltensmuster, Sprachvarianten, ein begrenztes Repertoire an angesammelten allgemeinen Themen für Small Talk (Kotz/Würgen) und erarbeitete Rollen zurückzugreifen um mein Unwohlsein, meine Unsicherheit, meine Ängste und meinen Drang zu fliehen zu kaschieren. Bis zu einem bestimmten Grad gelingt es mir auch „normal“ zu erscheinen oder Blickkontakt zu halten, aber es erschöpft mich sehr. Frauen werden generell von der Gesellschaft an ihrer sozialen Kompetenz und weniger an ihren anderen Fähigkeiten gemessen. Je besser autistische Frauen darin sind, sozial und beruflich scheinbar sehr erfolgreich zu sein, desto weniger werden Ausrutscher in die eigentliche Authentizität toleriert und akzeptiert. Ich persönlich habe meine Diagnose erst mit 22 Jahren erhalten und kann auf eine lange Geschichte mit Mobbingsituationen zurückblicken. Denn leider war es den meisten neurotischen Gleichaltrigen egal, wie sehr ich mich bemüht habe mich anzupassen und in die Gruppe zu integrieren. Ich war anders und damit eine Bedrohung. Miststück, Freak, Hexe oder Abschaum sind die häufigsten Bezeichnungen in meiner Kindheit und als Teenager. Mittlerweile verzichte ich in meinem familiären Umfeld auf Masking und bin sehr ausgeglichen, wenn ich mich innerhalb der Familie bewege. Tatsächlich ist das Verhältnis zu sämtlichen Familienmitgliedern nach der bestätigten Diagnose besser geworden und ich lerne auch im Umgang mit anderen Menschen mein Pseudo-neurotypisches-Selbst auszuschalten sowie offen bestimmte Probleme anzusprechen. Aber das erfordert viel Kraft, Geduld und die Bereitschaft sämtlicher Beteiligten das Beste aus der Situation zu machen – was leider nicht selbstverständlich ist.
2.) Warum man sich das antut, wenn es anstrengend ist und einen erschöpft? Menschen sind kommunikative Wesen und besonders von Frauen wird ein reges Sozialleben erwartet. Mir persönlich geht es in Gesprächen hauptsächlich um den Austausch wichtiger Informationen, Fakten oder die Klärung von bestimmten Problemen. Ich verarbeitete den Inhalt eines Dialogs hauptsächlich auf einer logischen, lösungsorientierten und emotional neutralen Ebene. Soziale Interaktion erfordert von mir einen enormen Energie- und Konzentrationsaufwand, was für viele Normalos erst einmal seltsam klingt. Warum also tue ich mir das ganze soziale Drama an? Weil die Mehrheit meiner Umgebung aus Neurotypischen besteht, die auf diesen Grundlagen über meinen Wert entscheiden und gar nicht an mir als Person interessiert sind. Wenn du einer Minderheit angehörst über die man in der allgemeinen Bevölkerung kaum spricht (autistische Frauen gibt es ja nicht, da sämtliche Diagnosekriterien auf dem männlichen Modell basieren), dann ist der Druck zur Anpassung und das Verständnis für ein von der Norm abweichendes Verhalten sehr gering. Mir persönlich reichen die drei sehr guten Freundinnen und meine Familie als engster Kontakt. Die meisten anderen Menschen sind für mich die meiste Zeit nur Bekannte oder unscharfe Gesichter in einer erdrückenden Menschenmenge. Es erfordert viel Mut und Selbstbewusstsein, um zum Anderssein zu stehen. Wenn du einen Menschen kennenlernst trifft ein Teil deines Gehirns in Sekundenbruchteilen ein erstes Urteil über ihn/sie, wobei die Anhaltspunkte oft auf oberflächliche Dinge wie Aussehen, Kleidung, Geschlecht, Blickkontakt, Status, Ausstrahlung und Körperhaltung zurückzuführen sind. Oft genug wurde ich innerhalb von Sekunden von einer Gruppe ausgeschlossen – ohne vorher ein Wort gesagt zu haben – weil ich offenbar den unausgesprochenen Erwartungen nicht gerecht wurde. Ich trage kein Make-Up, bin offen nicht an Mode interessiert, habe einen manchmal eigenwilligen pragmatischen Kleidungsstil und mache mir nicht viel aus meinen weiblichen „Vorzügen“.
1) das ist gar nicht so einfach zu erklären. Würde ich mich nicht anpassen, würde ich wohl Schreien. Einfach rausschreien, was mich stört. Und da es vieles ist, eigentlich alles, würde ich ständig schreien. Ich muss mich stark anpassen um nicht auszuflippen oder womöglich jemanden zu schlagen. In Gedanken spiele ich viele Situationen immer wieder durch, um mich selbst zu kontrollieren. Würde ich das nicht kontrollieren, dann würden meine Handlungen meiner persönlichen Einstellung, zu dem dann unkontrolliertem Verhalten, nicht entsprechen. Ich würde so gerne einfach zwischendurch einfach laut schreien, jedem sagen, was ich von ihm halte, Dinge umwerfen oder zerstören, die mich nerven. Doch ich mache es nicht, weil ich mich anpasse. Ich habe gelernt, was richtig und was falsch ist. Wie man sich zu verhalten hat. Und genau das ist hart. Nicht das tun zu können, zu dürfen, was ich möchte. Ich habe Verantwortung meiner Familie und meiner Arbeit gegenüber. Ich MUSS irgendwie ins System passen.
Ich weiß nicht, ob ich das gut erklären konnte, aber es ist so.
2.) Tatsächlich möchte ich nicht alleine sein. Ich möchte Freunde haben, ich möchte einfach dazugehören. Ich will nicht irgendwann alleine sein, weil ich mich nicht anpassen konnte.
Es ist schwer zu erklären, warum ich was mache. Ich will nicht alleine sein, deswegen passe ich mich an. Anpassen stresst mich aber, deswegen möchte ich meine Ruhe haben. Dann denke ich zu viel nach, finde eher keine Ruhe und möchte nicht alleine sein, obwohl ich genervt bin. Mich nervt dann alles. Dann frag ich nach, ob jemand Zeit hat. Ich möchte nicht mehr nachdenken müssen. Die Gespräche, an denen ich nicht teilhaben kann, nerven mich, aber stressen mich nicht so sehr, wie meine Gedankengänge. Manchmal ist es aber so schlimm, dass ich dann sage, was ich denke, wie überflüssig manche Dinge sind. Oft ist mein Gegenüber dann offenbar sauer. Redet dann gar nicht mehr. Ich gehe davon aus, dass die Person dann sauer ist. Frage dann nach, die Person verneint das dann. Dann sitze ich da, war ich selbst, habe gesagt, was ich denke, die Person ist dann wohl sauer, sagt aber, dass es nicht so ist, redet aber nicht mehr mit mir oder guckt nicht mehr in meine Richtung.
Also versuche ich dann gar nichts zu sagen oder lenke das Thema auf Dinge, bei denen ich mitreden kann. Viele verstehen dann nicht, was ich sage. Fragen nach. Ich hab es ja schonmal erklärt, muss es dann wiederholen. Das nervt mich dann. Die Person fragt mich, ob ich sie für dumm halte.
Sag ich, was ich denke, ist die Person sauer, sagt aber, dass sie es nicht ist. Sag ich nichts, stresst es mich.
Es ist eben ein Muss sich irgendwie anzupassen. Ich weiß irgendwie nicht so wirklich, was mir gut tut und wie ich eigentlich bin und was ich genau möchte.
Vielen lieben Dank für deine ausführliche Antwort! Ich bin total beeindruckt, wie großartig du es geschafft hast, das in Worte zu fassen. So ist es für mich greifbar. Vorher waren es mir zu viele Dinge, die ich nicht zuordnen konnte, ungewiß waren.
Daß man nicht unkontrolliert durchs Leben gehen möchte, ja, das verstehe ich. Und das erklärt mir dann auch die Anstrengung des Anpassens.
Verantwortung trägt man ja nicht nur für Familie und Arbeit, sondern vor allem auch für sich selbst. Und sich für sich selbst kontrollieren, das finde ich den motivierendsten Gedanken. Vielleicht geht es dir anders, aber ich wollte es erwähnt haben.
Ich persönlich empfinde alleine sein als etwas sehr angenehmes und „dazugehören“ möchte ich gar nicht. Da du Kinder hast, war ich davon ausgegangen, daß du auch einen Partner hast und somit nie wirklich allein bist und wenigstens einen Menschen hast, der dich versteht.
Es tut mir total leid, wenn du schreibst, daß du nicht genau weißt wer du bist und was du möchtest und was dir gut tut. Das ist so traurig… Und wenn dich deine eigenen Gedankengänge stressen, dann ist es natürlich umso schwieriger, diese Dinge für dich selbst rauszufinden. Aber ich wünsche dir, daß du sie rausfindest!
Zu deinem Gesprächsbeispiel kann ich mich kaum äußern. Nur, daß ich aus deiner Beschreibung zumindest verstehen kann, wie unangenehm du dich dabei fühlen mußt. Solche Situationen sind einfach unbefriedigend, ganz besonders wenn man einfach man selbst war. Es klingt, als verweigere dir dein Gegenüber die Kommunikation, die aber nötig wäre, um die Situation aufzulösen. Ich wäre in dem Fall an deiner Stelle mit meinem Gegenüber auch unzufrieden. Und ich würde mich fragen, ob ich mit demjenigen überhaupt kommunizieren möchte.
Liebe Mona,
du hast ganz viel in Worte gefasst, was ich (auch Aspie) genauso empfinde.
Besonders in deiner Antwort vom 15. Januar. Man kränkt andere (NT) Menschen mit einer offenen Aussage, weil sie sie einfach nicht wörtlich nehmen können und was hineininterpretieren. Wenn man dann aber merkt, dass was nicht stimmt und nachfragt, bekommt man keine ehrliche Antwort. Lieber bleiben NT sauer und lassen uns im Unklaren (was für mich ganz schlimm ist, ich nenne das „am ausgestreckten Arm verhungern lassen“), als dass sie uns erklären, wie sie etwas verstanden haben und wie ihre Gefühle dabei sind. Sie könnten sich ja eine Blöße geben…das ist auch so eine Sache, die ich auch nur mit dem Verstand erfasse, aber nicht nachvollziehen kann.
Zum Glück sind nicht alle so, fast nur die „Supersozialen“, die überwiegend durch die Blume und über Ungesagtes kommunizieren.
Es gibt so fröhlich-direkte NT, mit denen der Umgang für mich nicht so kompliziert ist und sogar Spaß macht.
ganz liebe Grüße
Jana
Ja….komnt mir bekannt vor.
Weder Ärzte noch Freunde glauben mir.
Dennoch glaube ich mir.
Das ist gar nicht einfach, wenn die Diagnose nicht gegeben wird.
Aber ich bin endlich aus meinem Versteck heraus…sehe und erkenne mich.
Trotzdem, (ich verschloss meinen Geruchsinn, um nicht zu viel zu fühlen), kann ich noch immer nicht ganz ich sein. Die Nase macht was sie will. Mal kann ich riechen ..mal nicht.
Jahrzehntelanges antrainierte Verhalten löst sich nicht auf.
Aber ich verstehe mich. Mir wird immer bewußte wann ich mich verstelle, wann nicht.
Es ist so automatisch.
Und doch bin ich Selbst genug, mich vor anderen als Autistin und ADHSlerin zu outen.
Ich entwickelt gerade ein Ordnungshaltsystem, das auf meine Art zu denken passt.
Ich verstehe mich…mache die Dinge auf meine Weise.
Leider bleibt mein Sozialleben so auf der Strecke.
Das Anpassen ist wichtig…ich versuche es bewußte zu steuern. Erlaube mir „merkwürdig“ zu sein. Etwas von mir zu zeigen.
Wenn nicht wir, wer dann.
Vor einigen Jahren hatte ich von dem Thema „Autismus“ gehört. Aber dieses „typische“: nicht mit Leuten interagieren, sie teilweise nicht mal sehen, usw. Ihr wisst schon.
Vor ein paar Tagen bin ich allerdings über einen anderen Bericht gestolpert und mir ist daraufhin der Mund offen stehen geblieben: wie in diesem Bericht habe ich mich komplett erkannt. Diese Gefühle, die irgendwie da sind und auch nicht. Sich anpassen zu wollen, bzw den Wunsch, „normal“ zu sein. Sich schwer zu tun mit Smalltalk. Nicht einordnen zu können, was andere von mir erwarten. Eine ganze, für mich erst mal erschreckende Bandbreite.
Ich bin jetzt 30, habe selbst eine Tochter. Diese Gedanken, dass ich vielleicht Autistin sein könnte, werfen bei mir alles über den Haufen. Zumal es ohne Diagnose eh meistens als Schwachsinn abgetan wird. Weil man sich bemüht, „normal“ zu sein. Aber wie es in einem drinnen aussieht, glaubt keiner.
Vielen Dank für diese Berichte, die mir zumindest ein bisschen Mut machen, dass ich doch in irgendeiner bestimmten Weise „normal“ bin. Dass es auch andere Menschen mit den gleichen Problemen und Gedanken gibt. Jedenfalls weiß ich nun, was die Ursache hinter meinen Problemen sein könnte.
1. Warum man sich Anpast wenn es anstrengernd ist? Um nicht in jeder Sekunde angeschaut, beobachtet und bewertet zu werden, das ist leider oft anstrengender als man selbst zu sein. Und anderer seits ist eine Hülle die du dir aufbaust nicht so angreifbar, denn wenn jemand deine Sozial meist Akzeptierte Hülle kritisiert dann kritisiert diese Person ja nicht dich. es ist ja nicht so dass nur weil jemand nichts mit Worten sagt, er nicht seine Ablehnung äusern kann.
2. Warum man sich mit „Freunden“ trift? Ich möchte auch Leben ich bin kein Roboter nur wil ich Logisch denke, ich möchte mich austauchen und es ist bei wirklichen Freunden ja auch so das sie ein Interesse daran haben mit dir Zeit zu verbringen. Und dass man nicht verstanden wird pasiert dir eigendlich überall da sind Freunde und Bekante leider keine Ausnahme, aber sie verurteilen dich nicht immer.
Solange du deine Rolle spielst hast du die Kontrolle, wenn du aber du selbst bist dann wirst du schnell überumpelt, hast keine Antwort, fällst auf und musst dich erklären. So ist das Leben aber ein riesiges Theaterstück und du lernst deinen Text auswendig.