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Eltern behinderter Kinder – was von uns erwartet wird und warum wir manchmal belächelt werden

veröffentlicht von Silke Bauerfeind im August 2019


Niklas tanzt vor dem Sonnenuntergang – Schweden 2018

von uns wird erwartet
dass wir die Diagnose unserer Kinder verarbeiten
möglichst schnell damit klarkommen
weiterleben
das Beste daraus machen

und wir tun es
wir lieben unsere Kinder
wir reduzieren sie nicht auf ihre Defizite
sondern sehen bei allen Herausforderungen auch das Wunderbare
betrachten das Leben aus einer neuen Perspektive

von uns wird erwartet
dass wir akzeptieren
wenn Anträge nicht genehmigt, verzögert und relativiert werden
dass wir hinnehmen, wenn unsere Kinder nicht bekommen
was sie so dringend brauchen und was ihnen rechtmäßig zusteht

und wir nehmen oft hin
was auch nach langen Kämpfen
nicht zu ändern ist
gehen in Eigenleistung und geben aus eigener Kraft
alles, was wir haben, und mehr

von uns wird erwartet
dass wir Verantwortung übernehmen
Schadensbegrenzung betreiben
uns und unsere Kinder anpassen
manchmal sogar ruhig stellen

und wir übernehmen Verantwortung
manchmal auch genötigt aufgrund von Sachzwängen
auch für Dinge, die wir und unsere Kinder nicht zu verantworten haben
nur damit Ruhe einkehrt
und wir ohne Einmischung weiterleben können

von uns wird erwartet
dass man uns nicht anmerkt
wie anstrengend und belastend manchmal alles ist
dass wir in weiteren Rollen anstandslos funktionieren
und anderen zu Liebe ausblenden, was uns Tag und Nacht beschäftigt

und wir blenden aus
allerdings bevorzugt diejenigen Menschen
die unsere Kinder nicht so akzeptieren
wie sie sind, sie und uns verändern und anpassen wollen
unser Leben bagatellisieren und nicht ernst nehmen

von uns wird erwartet
dass wir Antworten auf alles Skurrile und Herausfordernde haben
dass wir unsere Nächte, wenn nötig, unterbrochen und kurz halten
unserem Beruf geflissentlich nachkommen und bei Bedarf hinten anstellen
dann aber trotzdem selbstständig, unabhängig und allzeit bereit sind

und wir stellen uns hinten an
weil wir unsere Kinder lieben
und immer da sind, wenn andere sie nach Hause schicken
oder keine Kraft mehr haben
denn wir kratzen dann noch die letzten Krümel zusammen

von uns wird erwartet
dass wir loslassen, denn das müsse ja jedes Elternteil irgendwann
nachdem wir all die anderen Erwartungen möglichst erfüllt haben
sollen wir plötzlich die Hände in den Schoß legen
und andere entscheiden lassen, wie unser Kind am glücklichsten lebt

und wenn wir das nicht gut können
weil es uns mit den Jahren immer schwerer fällt
Vertrauensvorschuss zu geben und weil wir unser Leben
mit einem nicht selbstständig leben könnenden Kind akzeptiert
und nun einen anderen, gewachsenen Lebensentwurf haben

dann werden wir belächelt.

Und dieses Belächeln ist fast das Schlimmste.

©Silke Bauerfeind, www.ellasblog.de

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wer hier schreibt

Silke Bauerfeind

Gründerin von Ellas Blog (2013), Buch- und Kurs-Autorin, Kulturwissenschaftlerin, psychologische Beraterin, Referentin. 

"Ich verbinde persönliche Erfahrung mit Wissen rund um Autismus, Teilhabe und Familienrealität. Mein Schwerpunkt liegt auf Autismus mit hohem Pflege- und Unterstützungsbedarf – Themen, die in der öffentlichen Wahrnehmung oft zu kurz kommen"

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