Hoher Unterstützungsbedarf und pflegende Elternschaft – was das bedeutet

veröffentlicht im August 2024


In den letzten Jahren hat sich viel in der Aufklärungslandschaft über Autismus getan. Es ist unglaublich ermutigend zu sehen, wie das Bewusstsein in Teilen der Gesellschaft wächst und wie viele Menschen und Initiativen sich für das Thema starkmachen.
Während ich diese positiven Entwicklungen beobachte, fällt mir immer wieder auf, dass ein wesentlicher Teil des Autismus-Spektrums oft im Schatten bleibt – nämlich die Autistinnen und Autisten mit hohem Unterstützungsbedarf und deren pflegende Eltern.

Dieser Beitrag ist das Richtige für dich,

–> wenn du selbst pflegendes Elternteil eines heranwachsenden oder bereits erwachsenen Autisten bist und dich häufig nicht gesehen fühlst. Der Beitrag zeigt dir, dass du damit nicht alleine bist.

–> wenn du als Fachkraft mehr über die Lebenswirklichkeit von Familien, die rund um die Uhr unterstützen und pflegen, erfahren möchtest.

–> wenn du sonst eher in einem anderen Bereich des Spektrums unterwegs bist, aber gerne deinen Horizont und dein Wissen erweitern möchtest.

–> vielleicht entdeckst du dich auch erst beim Lesen wieder, ohne dir dessen bisher bewusst gewesen zu sein :-)

©Quelle: pixabay, User NamasteNomad, Vielen Dank

Wachsende Aufklärungslandschaft – und was häufig übersehen wird

Die Gruppe der Autistinnen und Autisten mit hohem Unterstützungsbedarf und deren Eltern werden leider oft übersehen, obwohl ihre Herausforderungen und Bedürfnisse so dringend unserer Aufmerksamkeit bedürfen. Viele von ihnen können sich nicht selbst (öffentlich) äußern, was sie in vielerlei Hinsicht unsichtbar macht. Ihre täglichen Kämpfe und die intensive Unterstützung, die sie benötigen, werden oft nicht ausreichend wahrgenommen.
Gleichzeitig stehen ihre Eltern, die sie pflegen und unterstützen, vor einer riesengroßen Aufgabe. Nicht zuletzt brechen aufgrund des Fachkräfte- und Mitarbeitermangels immer mehr tagesstrukturierende Angebote und Wohnmöglichkeiten für hohen Unterstützungsbedarf und damit häufig verbundenem herausforderndem Verhalten weg. Das macht die Situation noch brisanter.

Auf Ellas Blog ist es mir ein großes Anliegen, diese oft übersehenen Stimmen hörbar zu machen und die Realität des hohen Unterstützungsbedarfs und der pflegenden Elternschaft ins Licht zu rücken. Dabei geht es nicht darum, Teile des Spektrums gegeneinander auszuspielen oder strikt abzugrenzen. Stattdessen möchte ich den Blick gezielt auf diejenigen richten, deren Bedürfnisse oft im Hintergrund bleiben.

Was hoher Unterstützungsbedarf bedeutet

Mit dem Begriff „hoher Unterstützungsbedarf“ beziehe ich mich auf Autistinnen und Autisten, die nicht nur in spezifischen Bereichen, sondern in nahezu allen Aspekten ihres täglichen Lebens Unterstützung benötigen.
Für viele ist diese Unterstützung nicht nur zeitweise, sondern lebenslang erforderlich.
Oftmals ist eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung nötig, die meistens durch die Eltern und/oder durch Assistenzkräfte gewährleistet wird. Diese intensive Begleitung stellt eine enorme Herausforderung dar und beeinflusst das Leben aller Beteiligten in vielerlei Hinsicht.

Herausforderungen im Alltag

Eine der größten Hürden ist die sensorische Überlastung, die viele Autistinnen und Autisten täglich erleben. Geräusche, Lichter, Gerüche oder Berührungen, die für andere kaum wahrnehmbar sind, können extrem belastend sein. Das führt oft zu Rückzug, was die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben stark einschränkt.

Bei Autistinnen und Autisten mit hohem Unterstützungsbedarf kommt hinzu, dass sie häufig nicht in der Lage sind, grundlegende tägliche Aufgaben selbstständig zu bewältigen. Tätigkeiten wie Anziehen, Essen oder der Gang zur Toilette sind für sie ohne Hilfe nicht möglich. Diese Abhängigkeit von Betreuungspersonen erfordert nicht nur physische Unterstützung, sondern auch ständige Anleitung und Begleitung, um den Alltag zu bewältigen.

Die meisten Autistinnen und Autisten haben oft nur eingeschränkten Zugang zu Bildungs-, Freizeit- und anderen Angeboten. Für Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf sind die Hürden noch größer, da auch angepasste Angebote selten ihren Bedürfnissen entsprechen. Während einige durch Hilfsmittel wie Kopfhörer oder beruhigte Zonen teilnehmen können, ist dies für AutistInnen mit hohem Unterstützungsbedarf meist überhaupt nicht machbar.
In letzter Zeit hat sich die Situation durch den zunehmenden Mangel an Mitarbeitenden und Fachkräften weiter verschärft. Das führt zu einer verstärkten Exklusion, da die notwendigen Ressourcen und Unterstützungsstrukturen fehlen, um auch diejenigen mit höherem Betreuungsschlüssel zu inkludieren.

Wenig Eigenvertretung und Unsichtbarkeit

Autistinnen und Autisten mit hohem Unterstützungsbedarf kämpfen mit den alltäglichen Hürden, die ihre Einschränkungen mit sich bringen, und sind außerdem häufig nicht in der Lage, ihre Bedürfnisse, Wünsche und Meinungen selbst zu äußern. Viele von ihnen sind nonverbal oder verfügen nur über sehr eingeschränkte Kommunikationsmöglichkeiten.
Das bedeutet, dass sie auf andere – meist ihre Eltern oder AssistentInnen – angewiesen sind, um für sie zu sprechen und ihre Interessen auch öffentlich zu vertreten.

Diese Abhängigkeit von Fürsprechern führt dazu, dass ihre Stimmen in der öffentlichen Diskussion kaum wahrgenommen werden. In einer Welt, in der Autistinnen und Autisten zunehmend für sich selbst sprechen und ihre Anliegen in die Öffentlichkeit tragen, bleiben diejenigen mit hohem Unterstützungsbedarf oft unsichtbar. Sie haben kaum eine Plattform, auf der sie ihre Perspektiven teilen können, und ihre Geschichten gehen in der breiteren Diskussion über Autismus oft unter. Wenn andere, zum Beispiel Eltern, für sie sprechen, werden diese dafür häufig auch noch kritisiert.

Diese Unsichtbarkeit hat weitreichende Folgen. Sie führt nicht nur dazu, dass die spezifischen Bedürfnisse dieser Gruppe in der Gesellschaft und in politischen Entscheidungen häufig übersehen werden, sondern auch dazu, dass es weniger gesellschaftliches Bewusstsein für ihre Lebensrealität gibt. Ihre Herausforderungen finden selten Erwähnung, was dazu beiträgt, dass sich die Barrieren, die ihnen im Alltag begegnen, weiter verfestigen.

Herausforderungen, die im Autismus selbst verankert sind

Auch wenn wir unser Bestes tun, um die Umwelt für Autistinnen und Autisten anzupassen, bleiben für jene mit hohem Unterstützungsbedarf Herausforderungen bestehen, die tief im Autismus selbst verwurzelt sind. Ich realisiere das immer wieder, wenn Veranstaltungen im Autismusbereich etwa reizreduziert gestaltet und Rückzugsräume geschaffen werden und viel Struktur und Vorhersehbarkeit gegeben ist – das ist alles sehr vorbildlich und erfreulich, aber für die hier erwähnte Gruppe im Spektrum ist eine Teilhabe oft dennoch nicht möglich.
Es wird häufig betont, dass Behinderung nur durch die Gesellschaft entstehe – etwa durch Barrieren, mangelnde Unterstützung und Diskriminierung. Doch in vielen Fällen bleibt die Behinderung und die Nicht-Teilhabemöglichkeit auch dann bestehen, wenn die äußeren Rahmenbedingungen optimiert sind. Dieser Umstand prägt das Leben dieser Autistinnen und Autisten und deren Familien auf eine Weise, die für andere nur schwer nachvollziehbar ist.

Ein weiteres Thema, das mir besonders nahegeht, ist das selbstverletzende Verhalten, das einige Autistinnen und Autisten zeigen, wenn sie mit Überforderungssituationen konfrontiert sind. Trotz aller Fürsorge und Unterstützung lässt sich dieses Verhalten nicht immer verhindern. Es ist oft ein Ausdruck der inneren Spannungen, die entstehen, wenn die eigenen Empfindungen nicht mit der Umwelt in Einklang gebracht werden können und auch die Möglichkeit für Kompensation und Maskieren nicht gegeben sind. Denn nicht alle Autistinnen und Autisten können kompensieren und maskieren.

Für uns als Eltern und Assistenzkräfte ist es besonders schwer, damit umzugehen, weil wir ja alles tun wollen, um unsere Kinder und Betreuten zu schützen und ihnen ein möglichst sicheres Umfeld zu bieten. Trotz aller Bemühungen, die Umgebung anzupassen und Unterstützung zu bieten, bleiben gewisse Barrieren bestehen, die die Lebensqualität unserer Kinder und auch unsere eigene erheblich beeinflussen.

Aspekte der Pflege

Für Autistinnen und Autisten mit hohem Unterstützungsbedarf ist die Pflege durch andere Menschen ein ständiger Bestandteil ihres Lebens. Diese umfasst sehr intime und persönliche Bereiche wie die Körperpflege, Hilfe beim Anziehen oder Unterstützung bei der Nahrungsaufnahme. Es ist von großer Bedeutung, dass diese Tätigkeiten mit größtmöglichem Respekt und Diskretion durchgeführt werden, vor allem wenn die Pubertät einsetzt und sie später erwachsen und immer noch auf Pflege angewiesen sein werden.

Gerade der Aspekt der lebenslangen Abhängigkeit wird oft übersehen, selbst im breiteren Kontext des Autismus-Spektrums, wo den Kampf um Pflegegrade und Anerkennung viele kennen. Doch für Autistinnen und Autisten mit hohem Unterstützungsbedarf bleibt diese Notwendigkeit bestehen – über Jahre, Jahrzehnte, ein ganzes Leben lang.

Pflegende Elternschaft

Die Begleitung und Pflege eines heranwachsenden autistischen Kindes mit hohem Unterstützungsbedarf ist eine Aufgabe, die alles verändert. Als Eltern steht man plötzlich vor Herausforderungen, die man sich vorher kaum vorstellen konnte. Die täglichen, oft unsichtbaren Aufgaben, erfordern viel Kraft und Ausdauer. Der Alltag ist geprägt von ständiger Wachsamkeit, unzähligen kleinen und großen Hürden und einem tiefen, unermüdlichen Engagement, das wir für unsere Kinder aufbringen, um ihnen das bestmögliche Leben zu ermöglichen.
Viele von uns fühlen sich mit diesen Herausforderungen oft allein gelassen und nicht gesehen. Dieses Gefühl kann sehr belastend sein. Auch deshalb möchte ich hier darüber schreiben – um unsere Erfahrungen sichtbar zu machen und anderen Eltern zu zeigen, dass sie nicht allein sind. Schon das Gefühl, gesehen und verstanden zu werden, kann viel bewirken, auch wenn ich die Themen hier nur skizzieren kann.

Herausforderung Nonverbalität

Die Kommunikation mit einem nonverbalen Kind ist eine der größten Herausforderungen, denen wir als Eltern gegenüberstehen. Es geht nicht nur darum, auf Worte zu verzichten, sondern eine völlig neue Form des Verständnisses zu entwickeln. Oft müssen wir uns auf kleinste Gesten, Blicke oder Verhaltensänderungen verlassen, um zu erkennen, was unser Kind braucht oder fühlt, ob es krank oder in Not ist oder ob es etwas unglaublich Schönes mitteilen möchte. Wir sind mit unseren Antennen immer beim Kind.
Manche Personen sagen Dinge wie „Mein Kind spricht auch nicht immer“, als wäre das vergleichbar. Doch wenn dein Kind nonverbal ist, bist du ständig wachsam, versuchst, jede Nuance zu deuten.

Unterstützte Kommunikation wie Bildkarten, Talker oder auch die Gebärdensprache können eine wertvolle Hilfe sein, um sich besser zu verständigen, auch wenn es Zeit und Geduld braucht, bis diese Methoden greifen.
Dabei kann es schwierig und zermürbend sein, anderen zu erklären, dass dein Kind zwar nicht spricht, aber dennoch sehr wohl versteht, was gesagt wird. Diese Missverständnisse zu klären, erfordert Geduld und Einfühlungsvermögen, bietet aber auch die Chance, das Verständnis für die Fähigkeiten deines Kindes zu vertiefen.
Mit der Zeit entwickelt sich eine besondere Verbindung. Wir lernen, auf die kleinsten Signale zu achten, und obwohl es oft schwierig ist, zeigt es auch, wie stark die Bindung zwischen uns und unseren Kindern ist. Sie ist unverzichtbar, weil es diese Nähe braucht, um Bedürfnisse wirklich zu verstehen und nichts zu übersehen.

Und dann kommen unangemessene Ratschläge wie „Du musst loslassen“ oder „Du musst dich emotional lösen“ von Menschen, die das in keiner Weise nachvollziehen können. Aber das ist ein anderes Thema, das zum Beispiel in diesem Blogbeitrag mit angesprochen wird: Warum du nicht loslassen musst, aber Raum geben darfst.

Umgang mit sog. herausforderndem Verhalten

Der Umgang mit sogenanntem herausforderndem (ich sage lieber: Hilfe suchendem) Verhalten ist für uns als Eltern oft eine der schwierigsten Aufgaben. Es geht um Verhaltensweisen, die für Außenstehende manchmal schwer zu verstehen sind – Meltdowns, selbstverletzendes Verhalten oder scheinbar unvorhersehbare Reaktionen auf alltägliche Situationen. Diese Verhaltensweisen kommen nicht einfach so aus dem Nichts. Sie sind oft Ausdruck von Überforderung, Stress oder dem Unvermögen, Gefühle und Bedürfnisse anders auszudrücken.

Als Eltern stehen wir ständig vor der Situation, herauszufinden, was der Auslöser für dieses Verhalten sein könnte, wie wir am besten darauf reagieren und was wir verändern können, um das Verhalten in Zukunft unnötig zu machen.
Was das Ganze noch schwieriger macht, ist die ständige Notwendigkeit, anderen zu erklären, was gerade passiert – oft in Situationen, in denen wir selbst (noch) nicht wirklich wissen, warum unser Kind so reagiert. Es ist zermürbend, immer wieder Worte finden zu müssen, um Verhalten zu erklären und häufig auch zu entschuldigen.
Der Druck von außen, das Unverständnis und die schnellen Urteile von anderen belasten nicht nur unsere Kinder, sondern auch uns.

Soziale Isolation

Die Besonderheiten unserer Kinder haben nicht nur Auswirkungen auf sie selbst, sondern betreffen die gesamte Familie. Oft führt es dazu, dass wir bestimmte Situationen meiden müssen – sei es ein einfacher Besuch im Supermarkt, ein Familienausflug oder Treffen mit Freunden oder auch Veranstaltungen, in denen die Rahmenbedingungen für Autistinnen und Autisten bereits angepasst wurden (siehe auch oben). Die Angst, dass es zu einem Zusammenbruch kommen könnte, der tagelang nachhallt, lässt viele oft lieber zu Hause bleiben und auch gar nicht in den Urlaub fahren. Das führt dazu, dass nicht nur unser Kind, sondern die gesamte Familie sozial isoliert wird.

Es gibt Tage, an denen sich diese Isolation besonders stark anfühlt. Wenn du das Gefühl hast, dass du dich immer weiter zurückziehst, weil es einfacher ist, als sich dem Stress auszusetzen, den solche Situationen mit sich bringen und weil du auch als Elternteil die Kraft für soziale Kontakte nicht mehr aufbringst.
Es ist nicht leicht zu sehen, wie die Vernetzungen mit anderen weniger werden, wie du dich immer mehr von Freunden und sogar von der eigenen Familie entfernst. Und dann ist da noch die ständige Sorge: Wie wird die Zukunft aussehen?

Aber es gibt auch Momente, in denen du stolz auf die kleinen Fortschritte bist, die dein Kind macht – wenn es plötzlich eine Situation meistert, die vorher unmöglich schien, oder wenn es in einer schwierigen Moment auf eine Weise reagiert, die zeigt, dass es sich sicherer fühlt. Diese Momente geben Hoffnung und wiegen vieles auf.

Tägliche, meist lebenslange Pflege

Die tägliche Pflege eines heranwachsenden Kindes mit hohem Unterstützungsbedarf geht weit über das hinaus, was man unter normalen elterlichen Aufgaben versteht. Es geht nicht nur um einfache Ermahnungen wie „Putz dir die Zähne“, sondern um die kontinuierliche Unterstützung in fast allen Lebensbereichen.
Das beginnt morgens beim Aufstehen, zieht sich durch den gesamten Tagesablauf und endet oft erst spät am Abend. Es bedeutet, bei jeder Mahlzeit zu helfen, bei der Körperpflege zu unterstützen oder diese zu übernehmen und sicherzustellen, dass grundlegende Aufgaben bewältigt werden.
Vom ständig wiederkehrenden Procedere, Anträge zu stellen, die erstmal abgelehnt werden, zu denen man Widerspruch einlegt, um dann doch irgendwann hoffentlich zu seinem Recht zu kommen, fange ich an dieser Stelle nicht an zu erzählen. Es sind bei hohem Unterstützungsbedarf entsprechend zahlreiche Anträge.

Dauerhafte Pflege ist anspruchsvoll und verlangt viel von uns als Eltern. Es ist eine Aufgabe, die Geduld und Durchhaltevermögen erfordert, und die unser Leben auf besondere Weise prägt. Ich mache häufig die Erfahrung, dass sich viele Eltern dieser vielen kleinen Tätigkeiten überhaupt nicht mehr bewusst sind und sie erst (wieder) sehen, wenn andere von außen betrachtet bemerken, was sie eigentlich leisten. Viele wollen auch gar nicht wirklich viel darüber erzählen, um nicht als jammernd herüberzukommen – es darf und muss aber mal gesagt werden und das tue ich hier stellvertretend für euch.

Die Realität pflegender Eltern

Als Eltern eines heranwachsenden Kindes mit hohem Unterstützungsbedarf haben wir viele verschiedene Rollen: Wir sind AufklärerInnen, PflegerInnen, OrganisatorInnen, DetektivInnen, DolmetscherInnen, emotionale Stützen und vieles mehr – manchmal alles gleichzeitig und das häufig für immer.
Wir setzen uns dafür ein, dass die Bedürfnisse unserer Kinder in den Einrichtungen, bei ÄrztInnen oder bei Behörden ernst genommen werden. Dabei erleben wir paradoxerweise manchmal Kritik von verschiedenen Seiten dafür, dass wir für unsere Kinder sprechen, anstatt ihnen selbst das Wort zu überlassen, obwohl sie das oft gar nicht können.
Mir wird in diesen Situationen immer bewusst, dass hier ein grundlegendes Verständnisproblem existiert.

Genau deshalb rücke ich diese Themen auf Ellas Blog weiterhin in den Fokus. Es geht mir nicht darum, nur das Negative hervorzuheben, sondern darum, eine Gruppe sichtbar zu machen, die in der öffentlichen Diskussion immer weniger Gehör findet und die sich überwiegend nicht selbst vertreten kann.
Ich weiß, dass ich mir damit nicht nur Freunde mache, aber ich werde weiterhin Beiträge veröffentlichen, die diese Herausforderungen thematisieren und sowohl lösungs- und werteorientiert, als auch kreativ und mit Fokus auf Lebensqualität und Selbstbestimmung Anregungen geben.

Was uns bereichert und was wir uns wünschen

Das Leben als pflegende Eltern bringt Herausforderungen mit sich, aber es ist auch unglaublich bereichernd. Wir erleben die Welt oft durch die Augen unserer Kinder neu und lernen, die kleinen Erfolge und Fortschritte zu feiern, die für andere vielleicht unscheinbar wirken. Jeder dieser Meilensteine füllt uns mit Freude und Stolz.
Von unseren Mitmenschen und der Gesellschaft wünschen wir uns mehr Offenheit und Wertschätzung für unsere Kinder und für die Kompetenzen, die wir als Eltern jeden Tag einbringen. Es braucht weniger schnelle Urteile und mehr echtes Zuhören – ein Bewusstsein dafür, dass wir unsere Kinder am besten kennen und oft am besten wissen, was sie brauchen.
Wir hoffen auf mehr Unterstützung, konstruktiven Austausch, wohlwollendes Miteinander, weniger Misstrauen und eine Haltung, die die Vielfalt im Autismus-Spektrum anerkennt, gerade auch dort, wo es um hohen Unterstützungsbedarf geht. Es wäre hilfreich, wenn unsere Erfahrungen und unser Wissen mehr Gehör finden würden, um gemeinsam daran zu arbeiten, Barrieren abzubauen und eine inklusive Gesellschaft zu schaffen, in der jede Stimme zählt – auch die, die vielleicht leiser oder auf andere Weise spricht.


Zum Weiterlesen:

KOMMENTARE

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  1. Liebe Silke, ich habe eine 19 Jahre alte Tochter und dein Bericht über Autisten mit hohem Unterstützungsbedarf entspricht von Anfang bis Ende der Realität. Du sprichst mir aus der Seele und ich gehe zu 100% in Resonanz. Ich ziehe meinen Hut vor dir, dass du darüber auch berichtest und dies auch einmal vielen anderen Lesern vor Augen führst. Ich danke dir ganz herzlich
    für diesen Bericht und auch für deine Lobby -Arbeit für unsere Autisten! Liebe Grüße

    1. Liebe Ulrike, auch dir möchte ich von Herzen für deine Reaktion danken. Ich freue mich sehr darüber und wünsche dir und deiner Tochter alles alles Gute, ♥ Silke

  2. Liebe Silke,
    ich sitze hier und weine Rotz und Wasser. Noch nie habe ich mich so verstanden und gesehen gefühlt. Ich kann jeden deiner Sätze unterstreichen. So ist es und es tut so gut, dass das mal jemand ausspricht.
    Ja, ich kann mir vorstellen, dass das nicht alle gerne lesen. Umso mutiger, dass du diese Worte gefunden hast und sie in die Welt hinausträgst.
    Danke von Herzen
    Sonja

    1. Liebe Sonja, fühl dich gedrückt, wenn du magst. Sehr, sehr gerne und danke für deinen Kommentar.
      Alles Gute, ♥ Silke

  3. Hallo liebe Ella, Silke,

    so viele Websiten über Autismus. Auf noch keiner habe ich Worte wie die deinen gefunden.
    Mein Sohn ist 15 Jahre alt, er hat Pflegegrad 5 und ich sauge den Beitrag auf, werde ihn teilen, per Mail den Link an viele Menschen verschicken, denen ich niemals trauen würde, all das mit meinen eigenen Worten zu sagen.
    Danke, dass du das für uns tust.

    viele Grüße
    Tamara

    1. Liebe Tamara, verschicke gerne den Link und ich wünsche Dir sehr, dass Du Gehör findest für das, was Dir ganz persönlich am Herzen liegst.
      Alles Gute, ♥ Silke

  4. Hallo liebe Silke,

    wahrscheinlich bedarf es deiner langen Erfahrung und viele Jahre Onlinepräsenz, um das so auf den Punkt zu bringen wie Du und den Mut dazu zu haben. Danke, dass du deine Reichweite dafür nutzt, uns eine Stimme zu geben.

    Beste Grüße
    Thomas mit Sandy (16 Jahre alte Autistin, PG 4, nonverbal)

    1. Hallo lieber Thomas, besten Dank für Dein Feedback. Nunja, am Anfang hätte ich das so wohl nicht schreiben können, aber es ist an der Zeit.
      Sehr, sehr gerne und nur das Beste für Dich und Deine Sandy, ♥ Silke

  5. Hallo
    Desen Beitrag fand ich besonders hilfreich, da ich auch das Gefühl habe , dass diese Gruppe in der Öffentlichkeit häufig nicht gesehen wird.
    Als Elternteil eines betroffenen Kindes merke ich wie ich immer wieder an meine Grenzen komme und ich habe große Zukunfstsorgen da es kaum Wohn- und Beschäftigungsmölglichkeiten gibt aufgrund des Personalmangels.
    Man kann nur hoffen, dass die Politik das Problem erkennt und etwas unternimmt.

    1. Liebe Elke, ich freue mich, dass Du Dich im Beitrag wiederfindest. Ja, es bleibt wirklich die Hoffnung, dass Entscheidungsträger das Problem auch erkennen. Leider ist unsere Lobby nicht so laut wie andere.
      Alles gute, herzlichst Silke

  6. Danke Silke-wieder ein toller und wichtiger Beitrag von dir! Ich wünsche mir auch eine starke Lobby für die Autist*innen, die nicht für sich selbst sprechen können und für ihre Sorgetragenden. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Gesellschaft viel von uns und unseren Kindern lernen könnte, z. b. worauf es wirklich ankommt. Aber unsere Kinder brauchen viel und dafür braucht es mehr als zwei oder vier Schultern. Eine Gesellschaft misst sich daran, wie sie mit den Schwächsten umgeht und ich will nicht akzeptieren, dass für uns kein Platz ist. Leider sind zusätzliche Kämpfe für Inklusion und Teilhabe aus Zeit- und Kräftemangel oft nicht möglich. Dann bestärken mich deine Beiträge und dein Fokus aus die Unsichtbaren. Vielen Dank dafür!

    1. Liebe Bix, ja so ist es, wie Du es schreibst. Ich würde mir oft wünschen, dass diejenigen, die eigentlich wissen wie es ist, ausgegrenzt und nicht gesehen zu werden, an diesen Teil des Spektrums (mit-)denken.
      Ich freue mich, dass Du Dich beim Lesen bestärkt fühlst, herzlichst Silke

  7. Hallo,

    Vielen lieben Dank für diesen Artikel. Ich bin Mama eines 4 jährigen Jungen mit atypischen Autismus. Er hat einen hohen unterstützungsbedarf und Außenstehende können es oft nicht verstehen warum wir uns so isolieren müssen und so an unsere Grenzen kommen. Oft fühlt sich jeder Tag wie ein Kampf an und es vergeht selten ein Tag an dem ich nicht verzweifle oder weine.
    Und dann muss man sich auch noch rechtfertigen und ständig erklären.

    Dein Beitrag hat mir ein bisschen
    geholfen, ich fühle mich tatsächlich etwas gesehen und verstanden !

    1. Liebe Ramona, wie schön, dass Du Dich etwas gesehen fühlst. Das freut mich. Ich hoffe, dass die verzweifelten Tage und die Rechtfertigungen für Dich weniger werden. Vielleicht ist ja unser Forum plus etwas für Dich….. ;-)
      Alles Gute und herzlichst Silke

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Es ist immer wieder überwältigend, was wir als Eltern autistischer Kinder bedenken, organisieren und verarbeiten müssen. Neben viel Wissen und Erfahrungen, die du hier im Blog findest, ist eine solidarische Gemeinschaft unglaublich hilfreich. Das Forum plus ist ein geschützter Bereich nur für Eltern autistischer Kinder. Hier findest du außer praktischen Tipps viel Verständnis und Menschen, die ähnliche Erfahrungen machen wie Du.

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