„Du schaffst immer alles so toll. Kannst du das bitte auch noch machen?“

veröffentlicht im Januar 2021


Hast du auch manchmal das Gefühl, dass du nicht mehr kannst, alles nicht mehr schaffst und zweifelst du dann auch noch an dir und dem, was du tust?
Fühlst du dich überfordert, ausgeliefert, unverstanden und gar noch unfähig?

Und kommt es dann auch noch vor, dass das nach außen hin ganz anders wirkt und andere meinen, dass du ja immer alles wunderbar hinbekommst?

Quelle: pixabay, User Engin_Akyurt, vielen Dank!

Damit bist du nicht alleine.
Viele Eltern mit behinderten Kindern kenne das nur zu gut, dass sie funktionieren und funktionieren und funktionieren und niemand sieht, wie es eigentlich in ihnen aussieht.

Wir sind es gewohnt zu kämpfen, manchmal unbequem und energisch aufzutreten und die Rechte unserer Kinder einzufordern.
Häufig finden wir uns dann in Rollen wieder, die wir gar nicht haben wollen und nach außen hin wirken wir wie Löwinnen und Löwen, denen niemals die Kraft ausgeht.

Neulich sagte mal eine Pädagogin zu mir: „Also, das möchte ich Ihnen jetzt mal sagen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Eltern behinderter Kinder schon sehr verbissen sind und häufig Dinge fordern, die nicht machbar sind.“
Das ist genau das Bild, das entsteht, wenn Eltern die ganze Zeit kämpfen müssen und zwar auch um Dinge, die ihnen und ihren Kindern rechtlich zustehen, ihnen aber nicht gewährt werden. Da scheint es zum Teil schon Methode zu sein, erstmal alles abzulehnen, um zu sehen, ob die Eltern wohl noch genug Kraft aufbringen werden, ihre Rechte wiederholt einzufordern oder gar einzuklagen.
Ich sagte der Dame, dass sie mal in die Familien gehen solle, um zu sehen, wie es den Eltern geht, wie ausgebrannt sie von Elternabenden, Runden Tischen oder Widerspruchsverhandlungen heimkehren, nicht mehr wissen, wie sie alles schaffen sollen, und dann könne sie überlegen, ob Eltern behinderter Kinder tatsächlich verbissen und unverschämt sind oder ob sich da noch ganz andere Dinge zeigen.

Komischerweise entsteht der Eindruck der starken Mutter oder des starken Vaters, denen niemals die Kraft auszugehen scheint, auch im engeren Rahmen, bei Familienmitgliedern oder Freunden und Bekannten. Nur wenige blicken wirklich hinter die Fassade und erkennen, dass diese Energie nicht unerschöpflich ist.
Diejenigen, die dies erkennen, sind Menschen, die Fragen stellen, die genau hinsehen und die wahres Interesse zeigen.
Das mit den Anträgen und dem Umgang mit öffentlichen Stellen ist ein anderes Thema, das ich mal an anderer Stelle genauer beschreiben werde.

Was kannst du für dich tun?

Öfter mal nein sagen, wenn Menschen denken, sie könnten noch mehr von dir erwarten.
Wenn du etwas nicht tun möchtest, dann tu es auch nicht. Sag „nein“. Du darfst das und bist deshalb kein schlechterer Mensch. Es ist ein „ja“ zu deinen eigenen Bedürfnissen und ein „ja“ zum Bewahren deiner Ressourcen, die du so dringend für dein eigenes Leben brauchst.
Ich meine nicht, dass wir ab sofort alles ablehnen sollten, aber ich meine, dass wir gut überlegen dürfen, wie wir unsere Kraft einteilen – und zwar ohne schlechtes Gewissen.

Pläne erstellen und realistische Ziele anpeilen.
Einen guten Plan zu haben, der einen längeren Zeitraum in den Blick nimmt, kann sehr beruhigend sein. Wir haben so viele Themen miteinander zu vereinbaren, so viele Baustellen zu bearbeiten (rw), dass man da schon mal den Überblick verlieren kann.
So ein Plan ist wie ein Anker (rw), wie ein Sicherheitsnetz (rw), auf das du zurückgreifen kannst, wenn alles durcheinander zu geraten scheint.

Es ist dann auch nicht schlimm, wenn nicht alles nach Plan läuft, aber es ist schlimm, wenn dir deine wertvolle Kraft verloren geht, weil du ständig neu planst, weil du die Erwartungen anderer erfüllst und weil du deine Prioritäten aus den Augen verlierst.
Alles verständlich und ich habe das auch alles hinter mir und verfalle heute noch immer wieder mal in alte Muster zurück – aber versuche dir selbst zuliebe da rauszukommen, gerade weil es so viele verschiedene Personen gibt, die Ansprüche an dich stellen, und gerade weil es eine Königsdisziplin ist, mit einem autistischen und/oder behinderten Kind alles unter einen Hut (rw) zu bekommen.

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