Darunter leiden auch viele und um diesen Aspekt soll es hier gehen.
Nina hat die Diagnose „frühkindlicher Autimus, hochfunktional“. Auch wenn man inzwischen von einem Autismus-Spektrum spricht, bediene ich hier bewusst noch einmal die „alten“ Diagnosen, weil es hilft, das Dilemma der Betroffenen deutlicher zu machen.
„Nina? Ein Inklusionskind? Sie redet doch so schön. Sie schreit nur viel.“
Selbstverständlich kann man das nicht pauschal sagen, daher ist es immer gut, sich mit freundlichem Nachfragen zu vergewissern, ob das Gehörte und das Gesagte auch wirklich verstanden wurde.
„Was würde helfen?“, fragte ich nach.
- Aufforderungen in Schule, Beruf, Wohnen,… visualisieren
- Tagespläne visualisieren, auch bei „Sprechern“ (schafft eine sichere Verständnisgrundlage)
- nicht automatisch davon ausgehen, dass sprechende Autisten alles verstehen
- nicht von Faulheit, Dummheit u.ä., sondern von Verständnisproblemen ausgehen
- Erwartungshaltung anpassen
- nicht von einer Kompetenz auf die nächste schließen
- nachfragen, um sicher zu gehen, dass der Kontext verstanden wurde
- nachfragen, um sicher zu gehen, ob das vom Autisten Gesagte in den Zusammenhang gehört
- aufmerksam für Kompensationsstrategien sein, um Überforderung zu vermeiden (weniger auffallen bedeutet nicht weniger Probleme)
- klare Sprache verwenden, keine Floskeln, Redewendungen und Metaphern
- sich vergewissern, ob „stumme Echolalien“ am Laufen sind
- Übergänge zwischen Themen bewusst gestalten, Zeit lassen, Zusammenhänge herausstellen/erklären
Nach dem, was mir zugetragen wurde, scheint mir das Wichtigste zu sein, immer wieder nachzufragen, im Austausch zu bleiben und sich zu vergewissern, ob die Kommunikation gelingt. Oftmals gehen Aussagen und Kontexte aneinander vorbei, so dass Missverständnisse, Frust und unangemessene Erwartungshaltungen entstehen.
So wie im Bereich Wahrnehmung die Verarbeitungsvorgänge im Gehirn von AutistInnen anders verknüpft zu sein scheinen, ist auch das Feld der Handlungskompetenzen anders verknüpft. Von neurotypischer Logik auszugehen, wird AutistInnen oft nicht gerecht.
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Zum Weiterlesen:
Moin,
Ich studiere Sonderpädagogik und bin sehr an der Kommunikation interessiert. Wie hinterfrage ich denn eine „stumme echolalie“? Auch für nicht sprechende Menschen mit Autismus Spektrum wäre es interessant zu wissen.
Ich finde es großartig, dass ein paar Leitsätze zum Hinterfragen aufgeführt wurden. Oftmals möchte man Kommunizieren, weiß aber nicht warum es nicht klappt.
Liebe Grüße Yvonne
Liebe Yvonne, es ist toll, dass Du Dich als Studentin so interessierst, danke für Deinen Besuch hier auf „Ellas Blog“.
Wie Du sicherlich gelesen hast, bin ich keine Pädagogin, sondern kann Dir nur aus der Erfahrung als Mutter berichten und das weitergeben, was andere Eltern mir zutragen. Wenn Du den Verdacht hast, dass sich eine „stumme Echolalie“ abspielt, würde ich versuchen, die Situation zu verändern, um den Kreislauf zu unterbrechen (nicht einfach versuchen zu unterbinden, sondern was Neues anbieten). Wechsele den Raum oder fange eine ganz neue Tätigkeit an. Wenn Du den Eindruck hast, dass Du wieder die Aufmerksamkeit der Autistin oder des Autisten hast, kannst Du nochmal versuchen, das ursprüngliche Thema aufzugreifen oder nachzufragen, über was sie oder er sich gerade Gedanken gemacht hat. In der Situation selbst nachzufragen, bringt meistens nichts, weil wahrscheinlich kaum etwas durchdringt und eher noch dazu führt, dass sich Stimming und Echolalie verstärken.
Das Visualisieren von Aussagen oder Fragen kann auch sehr hilfreich sein, um den Fokus auf einen anderen Sinneskanal zu legen.
Gut ist es, dass Du überhaupt im Hinterkopf hast, dass sich eine solche Echolalie abspielen könnte, da Du dann nicht automatisch von Desinteresse, Faulheit oder Dummheit ausgehst, was leider häufig passiert.
Alles Gute Dir, herzlich Silke
Hallo Yvonne,
Respektvoll ausgedrückt könntest Du dann, wenn Du stumme Echolalie oder Nachdenklichkeit bemerkst, etwa sagen: „Ich sehe, Du bist gerade sehr nachdenklich, ich komme am besten später wieder um mit dir zu sprechen. Ich lege dir einen Zettel hin, wo drauf steht wann wir weiter sprechen.“ Zettel mit Hinweis und Uhrzeit hinlegen, sich dann aber auch an die Zeit halten. Nichts ist entnervender als spontane Änderungen.
Manchmal braucht es aber auch nur ein paar Minuten Geduld vom Gegenüber weil unsere Reaktionen zum Teil verzögert kommen z. B. man ist bemüht sein Gegenüber richtig einzuschätzen (ich gehe da sehr nach Wahrscheinlichkeiten und danach, was ich schon von der Person an Einstellungen/ Stimmungen/Meinung/Wissen kenne), trotz Problemen bei der Erfassung von Subtext und Kontext, denkt mehr in die Tiefe (was bedeutet das was mein Gegenüber sagt weiter gedacht/ in letzter Konsequenz), versucht Sachverhalte stark abzuwägen, ist gerade mutistisch „blockiert“ (ich muss die Verspannung dann erst „veratmen“), auch… wie kann ich mich jetzt so ausdrücken, dass mein Gegenüber einen verwertbaren Eindruck davon bekommt, was ich anders wahrnehme /wie anders ich denke/fühle und viele weitere Gründe…