Heute, am 21. Juni, ist der „Tag des Schlafes“.
Viele Eltern autistischer Kinder haben über Jahre und Jahrzehnte hinweg ein chronisches Schlafdefizit. Darauf, dass sich nach ein paar Jahren im Kleinkindalter ein allgemein verträglicher Rhythmus für die gesamte Familie einpendelt, warten viele vergeblich.
Auf der Suche nach WissenschaftlerInnen, die erklären können, warum AutistInnen oftmals ein anderes Schlafbedürfnis oder einen anderen Schlafrhythmus haben, wurde ich leider nicht fündig. Sollte hier jemand mitlesen, der dazu fundierte Informationen hat, bitte gerne Kontakt mit mir aufnehmen.
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Tatsache ist jedoch, dass Familien mit der Problematik „Schlafdefizit“ umgehen lernen müssen. Dazu beantwortete mir Dr. Weeß einige Fragen.
Dr. Weeß ist Diplom Psychologe, Psychologischer Psychotherapeut und Somnologe (DGSM), sowie der Leiter des Interdisziplinären Schlafzentrums des Pfalzklinikums. Er ist Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM)
Dr. Weeß erklärte mir, dass das Schlafbedürfnis bei jedem Menschen individuell verschieden und genetisch festgelegt ist.
Ein Schlafdefizit kann nur durch Schlaf kompensiert werden. Sollte dies nicht gelingen, besteht bei chronischem Schlafmangel eine höhere Anfälligkeit für gesundheitliche und psychische Probleme.
Wenn Eltern oder allgemein pflegende Personen auch regelmäßig nachts gefordert sind, empfiehlt Dr. Weeß nach Möglichkeit Schichtarbeit. Eltern sollten sich absprechen und abwechselnd zuständig sein, damit der jeweils andere ruhig schlafen kann. Wenn dies nicht möglich ist oder Elternteile alleinerziehend sind und doch Schlafmangel auftritt, sollte man diesen möglichst zeitnah am Tag ausgleichen. Allerdings dürfe man tagsüber nicht zu lange schlafen, da sonst der „Schlafdruck für die kommende Nacht zu sehr abgebaut wird“.
Grundsätzlich ist ein ruhiger, „entpflichteter“ Schlaf wichtig, betont Dr. Weeß. Nur wenn man nicht ständig in Habacht-Stellung ist und mit einem Ohr beim Kind, kann man erholsamen Schlaf finden. Dem sogenannten „Nachtwächterschlaf“ oder „Hebammenschlaf“, in dem man ständig in Bereitschaft ist, kann man möglicherweise mit Alarmsystemen wie z.B. Babyphonen oder anderem entgegenwirken, um beruhigter in den Tiefschlaf zu finden.
Wichtig ist auch, aktiv zu beeinflussen, dass man unbelastet ins Bett geht. Alltagssorgen oder das Durchgehen einer To-Do-Liste mit den Verpflichtungen des nächsten Tages sind nicht förderlich für einen gesunden, erholsamen Schlaf. Dies sind „selbstgemachte Beeinträchtigungen der Schlafqualität“, so Dr. Weeß, denn unsere eigene Haltung, mit der wir in den Schlaf finden, können wir aktiv beeinflussen und ggf. verändern.
An dieser Stelle noch einmal herzlichen Dank an Herrn Dr. Weeß für das freundliche Gespräch und die Informationen für „Ellas Blog“.
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Buchtipp:
Die schlaflose Gesellschaft – Wege zu erholsamem Schlaf und mehr Leistungsvermögen
Autor: Hans-Günther Weeß
Schattauer Verlag
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Ich habe leider das Problem, das ich psychisch längst extrem angeschlagen bin. Durch den jahrelangen Schlafmangel und die fehlende Hilfe oder Entlastung. Erst seit ich nun krankgeschrieben bin, kann ich am Tag Schlaf nachholen. Aber das wird ja nicht ewig so bleiben oder die Lösung sein.
Momentan weiß ich nicht wirklich weiter bei diesem Problem. Merke nur das ich selber immer mehr an Kraft verliere…