Interview mit Collin: „behindern tut uns nur diese reizüberflutende Welt“

veröffentlicht im Januar 2017


Collin ist 28 Jahre alt und frühkindlicher Autist. „Mein köpfliches Alter ist so 12 ungefehr. Manchmal auch noch jünger“, schreibt er mir.
Er lebt in einer Wohngemeinschaft und schreibt einen eigenen Blog. Darüber hinaus gibt er uns auch für „Ellas Blog“ Einblick in sein Leben und seine Denkweise und verrät uns, was er sich von seinen Mitmenschen wünscht.

Für das Interview schickte ich ihm Fragen, die er schriftlich beantwortete. Normalerweise korrigiere ich Veröffentlichungen zumindest in Hinblick auf Rechtschreibung. Collins Antworten habe ich genauso belassen, wie er sie mir geschickt hat, da seine Ausdrucksweise unverwechselbar ist und seine Schreibweise die Authentizität des Interviews unterstreicht.

Collin, Du bist Autist. Wie wirkt sich Dein Autismus in Deinem Leben aus?

Das positive: ick bin sehr kreativ, kann einfach malen ohne es geübt/gelernt zu haben. blick fürs detail. ick sehe dinge die andere nicht sehen und wenn icks schaffe zeige ick es

denen und mache ihnen eine freude damit. :-)
das nich so gute: ick habe kommunikationsprobleme, brauche fiel hilfestellungen um dinge umgesezt zu bekommen, bin schnell erschöpft und kann in dieser reizüberflutenden welt nich fiel schaffen ohne genug rückzung und ausruhen. In Kontakten Probleme haben. Das ick einen festen Tagesablauf brauche und es schweirig wird, sobald etwas nich nach plan klappt. Das ick nich rechtzeitig merke, wenn es zufiel ist und selten schaffe selbststendig rechtzeitig mich zurükzuziehen. das ick mir oft unfreiwillig selber schade.

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Wie meinst Du das, hast Du ein Beispiel dafür?

Zum Beispiel schaffe ick es meistens nich Pausen zu machen ohne aufforderung und komme dadurch in Overload bis zum Meltdown wo ick dann auch mir wichtige Sachen zerstöre oder mich bei verletze. Ick habe schon ein Kleiderschrank zerlegt Gläser zerschmissen, Steine durchs Zimmer geworfen.
Es kann soweit komen das keiner mehr zu mir durchkommt und ick Tagelang darin gefangen bin.

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Was ist anders als bei sogenannten neurotypischen Menschen?

Das ick keine Redewendungen, kein Sakasmus, keine Ironie verwende und auch nich verstehe. Das ick anders reagiere, als die meisten erwaten. Das ick Dinge die mir wichtig sind weitermache, troz krank, fieber, verlezungen und schmerzen. Meine Wahrnehmung, ick kann manche Töne schmecken, Synestetiker.

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Wie schmecken denn Töne bei Dir? Hast Du ein Beispiel?

Wenn ick Klavier spiele gibt es eine Taste, die schmeckt nach Erdbeere. Dann gab es mal ein Auto das klang so das ick immer Snickers schmeckte. Manche Vogelstimmen schmecken nach Wald.
Ick kann auch nich zum Schuster rein, weil da riecht es wie Narkose schmeckt und dann wird mir schlecht und ick bin kurz for umklappen.

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Was ist besonders schwierig für Dich?

Die Menschen zu verstehen, soziale Kontakte, zufiele Reize, zu Ämtern und Ärzten zu gehen, Dinge die nicht genau forher geplant, forbereitet und besprochen werden können. Auf mich selbst aufzupassen, Situationen richtig einschezen, flexibel und spontan sein…

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Mit was beschäftigst Du Dich am liebsten?

Schnitzen, Holzarbeiten, Fotografieren, Sport, Musik machen (Klavier und Mundhamonika), malen und zeichnen, basteln, möbel aufbauen, möbel entwerfen, architektonische zeichnungen machen. Natur, Reisen, Tiere.

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Du bist wirklich sehr kreativ, warst Du das schon immer?

Ick bin schon immer im kreativen Bereich und bekam da alles was ick wollte. Und habe auch aus nichts etwas gemacht. Ick war glücklick mit meinem Papier und Stiften auf m

Klapp-Tablett was immer eine bestimte Ecke im Wohnzimmer hatte fonwo aus ick Mama immer im Blick habtete. Das durfte keiner anfassen nichmal zum Saugen durfte mama es umstellen. Hatte immer wolle da und mit den Händen lange Bänder gehekelt. Oder Armbänder gemacht. Bekam ein Armband-Webset und machte ganz fiele Perlenarmbänder. Mama hat früher fiele Materialien gehabt die ick entdeckte und einfach wegnahm und nuzte. In Kunsttherapie lernte ick nochmehr kennen. Dazu das in der Schule.

Ab Internet (begann so mit 17 bei mir) fand ick immer mehr tolle Materialien. Testete Traumfänger machen, was nich so spass machte. Fand Stoffmalfarben und designe seid dem T-Shirts und anderes selbst und freue mich immer wenn ick jemandem eine Freude mit einem selbstbemalten Kleidungsstück machen kann. Scjnitzen interessierte mich schon immer, kam damald aber nich so an die Sachen.
Geld für eine gute digitale Spiegelreflexkamera hatte ick mit etwa 20. Aber schon mit Papas Kamera und Videokamera machte ick fiel seid Grundschulalter. Ab der blöden Konfirmation holte ick mir dann die erste gute Digicam. 2 Jahre später eine fiel bessere. Meine Videokamera nuzte ick ein paar Jahre, war aber nich so interessiert eher Fotos. Videokamera wa eher so Papas verhalten kopieren. Fotografieren ist immer schon meins gewesen, da kopierte ick Papa nich. Er hat nur Erinerungen fotofiert ick aber fiel mehr und anderes.
Sportlich bin ick seid ick klein bin, das kommt denk ick ma fom ADHS, bin der einzige so in der Familie. :-)
Naja das ginge jezt noch laaaaange so weiter…

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Wie sieht Dein Alltag in der Wohngruppe aus?

Da ick momentan fiel verschlafe, werd ick geweckt.
Dann ist mein morgenablauf mit Zähneputzen, Frühstücken, Medikamente nehmen.
Vormittags ist Abfb, Termine, Ämter oder Sport machen. Dann der feste Ablauf Mittags wieder und Nachmittags haben wir jezt WG-Kaffe, fon 15.00-16.00 Uhr. Da kommen alle Bewohner die Lust haben und ein oder zwei Betreuer in die Wohnküche an unsern grosen Esstisch und wir spielen Karten (in moment immer UNO), basteln, oder gehen mal raus Fussball spielen, Frisbee spielen… Abends hat einer Koch-Amt (jeder hat seinen festen Tag nur ick muss jeden Tag selbst kochen wegen unvertreglichkeiten und Allergien) und ick koche für mich extra aber mit Unterstüzung fom Betreuer. Nach dem gemeinsamen Abendessen machen wir (ein Betreuer und die Bewohner die Lust haben) einen WG-Spaziergang. Speter bin ick im Zimmer puzzeln, malen, schnitzen, Musik machen oder über Netflix und amazon prime serie/film gucken. Manchmal spielen wir auchnoch Abends UNO mal mit mal ohne Betreuer, jenachdem wie der Abends noch Zeit hat.
Am Wochenende is immer erst ab 10.00 jemand da und mittlerweile oft tolle Ausflüge. Da ist leider nich so ein fester Tagesablauf als wie in Woche, aber das Grundgerüst bleibt immer, der Morgenablauf (den ick am WE dann alleine schaffen muss was nicht so gut klappt) Mittags die feste Zeit mit essen wegen Medikament (wo ick dann n Obst oder so mit hab) und dann Abends die feste Zeit.

***

Fühlst Du Dich wohl in der Wohngruppe?

Ja ick fühle mich wohl, ick bin dankba und froh hier zu sein. Es gibt fiele Probleme, wie in vermutlich jeder WG nur bei uns öfter und mehr. Und wir brauchen die Hilfe unserer Betreuer um die Probleme wegzubekommen. Aber wir sind alle Autisten und haben alle unsere Probleme. Es ist hier für mich wie eine Familie.

***

Welche Tipps würdest Du Menschen geben, die eine Wohngruppe für
Autisten planen? Was müssen sie auf jeden Fall berücksichtigen, damit
sich die Bewohner später wohlfühlen können?

Aufjedenfall müssen die Betreuer gut ausgewehlt werden und gut über Autismus geschult werden. Die Betreuer machen schon das wichtigste aus. Die Betreuer müssen in der Lage sein verstehlich mit uns zu kommunizieren (keine Redewendungen wenn dann auch erklären, Ironie oder Sakasmus). und sehr feinfühlig sein. Hinter „keine Lust“ Verhalten wirkendem gucken können. Die Wohnung muss so reizarm wie möglich sein und nicht mitten in der Stadt oder Bahnhof oder wo extrem fiel los ist. Es muss feste regeln geben

und Strukturen, einen festen Ablauf und gemeinsame Aktifiteten. Tagespläne für alle, am besten nach dem Teacch-System (brauchen hier aber nur wir Frühkindlichen, die Asperger schreiben es sich entweder in Block oder ganich auf). Die Betreuer müssen uns helfen Kontakte in der WG hinzubekommen und vermitteln bei schwierigkeiten. Piktogramme erleichtern alles sehr. Sie dürfen nicht dafor zurückschrecken Tage zu haben wo fiel gepuzt wird, da wir da unterstüzung brauchen.
Es sollte individuell geachtet werden was wer kann und was nicht. und sofiel helfen als wie nötig ist aber nich alles abnehmen.
Die Räume solten Übersichtlich aufgeteilt sein, nicht alles vermischt. Sondern alle Zimmer nebenander, Bäder am Rand, Der gemeinschaftsteil am besten beim Eingang, Badewanne, Wände die Schalldicht sind. Wir haben nur Regibswänder und man hört alles.
Die Betreuer müssen sich auf möglicherweise ungewöhnliche Kommunikation einlassen. Ick erklere einiges an Bildern oder schriftlich. Reden ist anstrengend und klappt nicht bei jedem. Ein Betreuer darf unser Verhalten nich übel nehmen, wenn wir reagieren wie wir reagieren.
Die Betreuer sollten darauf achten das es zwischen den Bewohnern hamonisiert. Und Probleme immer begleitend lösen oder ganich erst entstehen lassen.

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Du hast einen eigenen Blog. Worüber schreibst Du in Deinem Blog?

Ick Bloge über mich meinen Autismus und was mich dazu begleitet. Von meinem WG-Leben, wie es mit meinen Betreuern ist, Ängste, was hilft, Poste Fotos fon meinen Kunstwerken, versuche über Bilder zu erkleren wie es sich für mich als autist ist. Und fotografien. Autismus, Ängste, Adhs, Medikation, auditive Warnehnungs und Verabeitungsstörung. Vom alltag was ick erlebe und wie ick es erlebe. Termine und was hilft.

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Was wünschst Du Dir von Deinen Mitmenschen?

Das sie Autismus nicht als Krankheit sehen. Autismus ist eine Behinderung. Und Behindern tut uns nur diese Reizüberflutende Welt und das noch sofiele probleme mit Akzeptanz haben anders zu seinder. Das mehr einfache Sprache genuzt wird, gesagt wird was gemeint ist, keine Ironie, Sarkasmus, Redewendungen nur wenn sie sofort erklert werden.

Wir sind alle tolle Menschen und selbst ein Autist der fiel Ausrastet ist ein toller Mensch, sein Umfeld achtet nur nich darauf die Umgebung an ihn anzupassen sondern versucht ihn an die Umgebung anzupassen.

***

Danke, lieber Collin, und alles alles Gute ♥

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KOMMENTARE

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  1. Lieber Collin,
    vielen Dank, dass Du Dich den Fragen für Ellas Blog gestellt hast und mich so teilhaben lässt an Deinem Leben. Mein Sohn ist erst acht und Du könntest ein tolles Vorbild für ihn sein. Mir hast Du klar gemacht, wie stolz ich auf ihn bin. Es ist schon was besonderes, wie Du und auch er das Leben bewältigen und die Anforderungen, die gestellt werden meistern.
    Alles Gute Dir und auch Silke, Birke und den anderen Autoren dieses Blogs.
    Liebe Grüße
    Janina

  2. Es ist bewundernswert, wie Autisten ihr Leben in unserer reizüberfluteten Welt meistern, wie viele Regeln und Erwartungen, die von aussen auf sie zukommen, sie befolgen müssen und niemand fragt sie, ob sie es wollen … oft werden sie von uns Sprachgewandten einfach überrannt … und wir wundern uns, wenn sie „ausrasten“ … Eigentlich müssen wir „ihre Sprache“ lernen … Gedanken von Katja (Mutter einer autistischen erwachsenen Tochter)

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