Ellas Blog on Tour – irgendwo im Nirgendwo in Schweden
Sonst waren wir immer mit unserem Wohnmobil unterwegs. Aber nachdem das im letzten Sommer nach vielen, vielen Jahren leider überhaupt nicht mehr klappte, probierten wir dieses Jahr etwas Neues aus.
Wir buchten ein schnuckeliges Haus. Und das stand „irgendwo im Nirgendwo“ in Schweden an einem mittelgroßen See so dicht am Wasser, dass wir zeitweilig das Gefühl hatten, auf einem Schiff zu sitzen.
Die Anreise war schon eine große Umstellung. Während wir mit dem Womo eigentlich immer auf Tour waren und es nie darum ging, irgendwo anzukommen, hieß es dieses Mal mit dem PKW 14 Stunden von Nürnberg nach Südschweden zu düsen. Das war schon ganz schön weit, aber klappte gut, da wir nachts um 2 Uhr losfuhren und schon ziemlich weit gekommen waren, bevor das Gemeckere über die lange Fahrt losgehen konnte.
Das Ankommen stellte die größte Herausforderung des Urlaubs dar. Wie immer, war auch hier der Übergang von Zuhause-Autofahren-Ferienhaus äußerst schwierig für Niklas. Er sträubte sich mit allem, was er aufzubieten hatte, gegen das Bleiben im Haus, lieber wollte er im Auto schlafen. Es gab zunächst, wie wir es von einem Meltdown bei ihm kennen, keine Möglichkeit etwas zu erklären, ihn zu beschwichtigen, sich langsam mit der neuen Umgebung vertraut zu machen und irgendwie zu verhandeln, was wir jetzt als nächstes tun werden. Niklas war vollkommen außer sich, so dass wir ihm etwas zur Beruhigung gaben.
Nach sehr kurzer Zeit wurde er ruhiger und gelassener. Es war wie ein Aufwachen und das wirkliche Ankommen konnte beginnen. Er sah sich ganz in Ruhe im Haus um, begutachtete sein Zimmer, das er sofort als seinen Rückzugsort auserkor, und dann gebärdete er „alles ok“, „schönes Haus“. Wir konnten aufatmen.
Und so blieb es dann auch für die ganzen zwei Wochen – Niklas fühlte sich sehr wohl, machte keine Anstalten, nach Hause zu wollen, und genoss die viele Zeit, die wir für ihn hatten.
Von unserem Zuhause auf Zeit waren wir begeistert: geräumig, hell, einsam und ruhig – so ruhig, dass wir eigentlich nichts hörten, wenn wir selbst keinen Ton von uns gaben (was allerdings nicht allzu häufig vorkam). Ach ja und dann waren da noch unsere Nachbarn, die Schafe, die sich immer lautstark zu Wort meldeten, wenn wir vom Einkaufen kamen und wohl was von unseren Schnabulierereien abhaben wollten.
Das Thema „Übergänge“ wurde dann nochmal aktuell, als Omi und Opi von Niklas für einige Tage anreisten und uns in Schweden besuchten. Die erste und die letzte Nacht seiner Großeltern bedeutete einen Einschnitt, der etwas veränderte – einmal in die eine und dann wieder in die andere Richtung. Als Folge schliefen wir dann weniger in diesen Nächten, weil Niklas ständig nachschauen musste, ob Omi und Opi immer noch da bzw. wirklich abgefahren waren.
Davon abgesehen war unser großer Luxus in den beiden Wochen, dass sich die schwedische Ruhe auch auf den Schlafrhythmus von Niklas auswirkte. Elf mal durchschlafen dürfen war das größte Geschenk, das er uns für den Urlaub machen konnte – das werden uns viele Eltern sicherlich nachfühlen können.
Vielleicht waren es auch die wunderschönen Sonnenuntergänge, die wir direkt von unserem Häuschen aus bewundern konnten, die sich so beruhigend auf Niklas auswirkten.
Je nach Wetterlage fielen die Sonnenuntergänge sehr unterschiedlich aus – das war äußerst faszinierend für uns alle.
Niklas liebte diese Abendstunden, wenn das Licht nicht mehr so grell war und veranstaltete seine ganz eigenen Abendtänze vor dem großen Fenster hin zum See:
Ansonsten gibt es keine spektakulären Dinge zu berichten – wir waren sehr glücklich, dass Niklas nach der ersten Hürde des Ankommens den Urlaub dort genießen konnte und wir hatten die Möglichkeit, uns mit der Betreuung abzuwechseln, so dass wohltuende Freiräume auch für uns Eltern entstanden. Eine echte Wohlfühloase war das, in die wir uns zurückgezogen hatten.
Auf Facebook hatte ich während dieser Zeit einige Bilder gepostet und spontan kamen Anfragen, wo genau man dieses Haus buchen kann. Wer nach wie vor Interesse daran hat, schreibt mir bitte eine Email, damit ich Euch weitere Informationen geben kann, sonst müsste ich das Ganze hier als Werbung kennzeichnen und das möchte ich nicht.
Allerdings bleibt zu erwähnen, dass die Vermieter doch auch sehr genau waren, was ihr kostbares Häuschen anging. Und wie erwartet, bekamen wir unsere Kaution wegen einiger kaputter Lampen, die dann doch in impulsiven Momenten dran glauben mussten, nicht zurück. Aber das war in Ordnung und wir dürfen wohl trotzdem wiederkommen, falls wir möchten. :-)
Das war er – unser Sommerurlaub 2018 – ganz anders als unsere bisherigen Touren – aber gerade in diesem Jahr, in dem wir uns alle einfach nach Ruhe sehnten, genau das Richtige. Mal sehen, was wir uns für nächstes Jahr ausdenken. Im Moment genießen wir unser Zuhause und die Tatsache, dass wir nicht ganz so pingelig aufpassen müssen, dass nichts kaputt geht – das ist in den eigenen vier Wänden ja dann doch nochmal was anderes.
Was habt Ihr gemacht? Schreibt mir gerne in den Kommentaren oder schickt mir einen Gastbeitrag. Auch für andere Familien ist es sicherlich interessant zu erfahren, wie Ihr die Urlaubszeit mit Euren autistischen Kindern, Jugendlichen und Angehörigen gestaltet.
Liebe Grüße
Silke alias Ella
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Zum Weiterlesen:
Ellas Blog on Tour – Abschied von kleinen und großen Träumen
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Hallo liebe Silke,
wir waren mit unsrem kleinen Aspi auch genau zur gleiche Zeit in Schweden, bei ihm funktioniert diese Umstellung meist sehr gut und Schweden hat er als absolutes Lieblings-Urlaubs-Land auserkoren. Wir hatten ein kleines Haus in der Nähe von Nyköping auf einem Bauernhof, auch sehr schön und sehr ruhig. Wir geniessen die Zeit in Schweden immer sehr, die Ruhe und Gelassenheit strömt auf alle über und es ist einfach nur Entspannung pur.
Liebe Grüße
Susanne
Hallo Silke,
das Haus sieht wirklich sehr schön aus. Und was du von eurem Urlaub schreibst, klingt toll.
Ich hatte dabei auch das ein oder andere Aha-Erlebnis. Wir waren mit unseren Kindern, mein Sohn ist Autist, zwei Wochen in Frankreich, Nähe Bordeaux. Dort waren wir letztes Jahr für eine Woche quasi als Test. Damals sind wir geflogen und es klappte sowas von gut. Mein Sohn ist dort total aufgeblüht. Wir waren natürlich so begeistert, dass wir dieses Jahr nochmal hin wollten. Wir haben dann für zwei Wochen gebucht, ein anders Haus bekommen und sind mit dem Auto hingefahren. Die Fahrt klappte prima, mit Zwischenstopp allerdings. Im Haus angekommen, hatten wir ein ähnliches Erlebnis mit unserem Sohn, wie ihr mit Niklas. Er konnte sich zunächst gar nicht darauf einlassen. Wir mussten dann ganz viel ausprobieren und es dauerte fast eine Woche, bis er sich entspannen konnte und es für ihn dann ging. Ich bin ehrlich, dass hat mich ziemlich mitgenommen dass es Lars so schwer fiel und ich dachte, wir müssten den Urlaub abbrechen. Wir waren ganz viel am Meer und dort ging es ihm dann gut und wir könnten bleiben. Zwei Erlebnisse möchte ich aus den beiden Wochen erzählen: als ich meinen Sohn am zweiten Tag baden wollte, hat er sich mit allem dagegen gestemmt, was er aufzubieten hatte. Bis ich endlich kapierte, warum. Zuhause haben wir eine Badewanneneinlage. Daran hatte ich nicht gedacht und somit gab’s im Ferienhaus keine. Ich hab dann ein Handtuch in die Badewanne gelegt und dann war alles okay.
Das zweite für mich prägende Erlebnis war am Strand. Er war dort immer sehr gelöst und entspannt, glücklich einfach. Aber an einem Tag lief ihm ein kleiner Krebs am Strand über den Weg. Der war doch sonst nicht da…er konnte sich gar nicht mehr beruhigen. Es hat eine ganze Weile gedauert. Das tat mir so leid. Aber unterm Strich war es dann doch ein toller Urlaub und ich habe wieder viel dazugelernt. Im Herbst fahren wir wieder hin :-). Das hat Lars sich gewünscht. Viele liebe Grüße, Claudia