Gastbeitrag von Marcels Oma: „Es ist gut, wie es ist“

veröffentlicht im März 2017


Geschätzte Leserinnern und Leser, liebe Silke.

Ich bitte um Verzeihung, wenn ich mich etwas ungeschickt anstellen sollte, aber das Terrain ist jetzt neu für mich. Ich habe noch nie einen Gastbeitrag für einen Blog geschrieben. Bis vor kurzem wusste ich nicht einmal, dass es diese Blogs überhaupt gibt.

Zu meiner Verteidigung möchte ich sagen, dass ich bereits die 80 Jahre überschritten habe und erst seit einiger Zeit den Gang ins Internet wage. Meine lieben Enkel meinten, sie tun mir etwas Gutes, wenn sie mich zu einem sogenannten Seniorenkurs, was Computerkenntnisse angeht, anmelden. Und so bin ich nun also auch auf meine alten Tage noch hier bei den jungen Hüpfern unterwegs. Aber ich schweife ab.

Kürzlich waren Sie, liebe Silke, bei einer Lesung in Regensburg zu Gast. Meine Tochter war dort. Sie hat einen 16jährigen Sohn mit Autismus. So kam es, dass meine Tochter nach Hause zurückkehrte und begeistert von ihren Ausführungen berichtete und da ich mich nun auch im Internet üben möchte, besuchte ich „Ellas Blog“.

Ich bin meinen Enkeln so dankbar für den Computerkurs! Was man hier alles erfährt, ist nirgendwo sonst zu erfahren. Ich las mich fest. Irgendwann kam meine Enkelin und erkundigte sich besorgt, ob alles in Ordnung sei, aber ich verscheuchte sie just in diesem Moment wieder, da ich weiter dieser Lektüre nachgehen wollte.

Als ich meinen autistischen Enkel aufwachsen sah, machte ich mir häufig Sorgen. Als Oma hält man sich etwas zurück, man möchte mit seinen altmodischen Ansichten nicht aufdringlich sein und die jungen Leute heutzutage….  ich schweife schon wieder ab. Entschuldigen Sie bitte.

Auf jeden Fall war vieles neu und anders, aber ich liebte ihn immer, meinen Marcel (Name geändert), denn auch wenn er manchmal Dinge kaputt macht oder um sich schlägt, kann ich immer fühlen, dass er das niemals tut, weil er anderen schaden möchte.
Mein verstorbener Mann – Gott hab ihn selig – kannte Marcel nur die ersten fünf Jahre und sagte damals schon, dass dieser Bengel was ganz Besonderes ist. Und das ist er.

Bild eines Waldweges

Als Oma wird man nicht mehr so gefragt, wenn es um Erziehung und Förderung geht, dabei habe ich einiges gesehen in meinem Leben. Ich bügele gerne die Wäsche für meine Kinder und ich lese meinen Enkeln gerne vor und ich gehe mit Marcel gerne im Wald spazieren. Dort sind wir uns beide sehr nah. Und manchmal nimmt er meine Hand.

Das sind immer die schönsten Momente.

Ich wollte das hier gerne schreiben, denn vielleicht lesen auch andere Großeltern aus Computerkursen mit und ich hoffe, dass meine Nachricht ankommt. Bitte, verehrte Silke, lassen Sie das ihren Lesern zukommen. Omas machen keine großen Geschichten mehr um die modernen Dinge des Lebens, aber wir sehen trotzdem viel und wir lieben aus tiefstem Herzen. Wir sehen das Unvermeidbare, das Unveränderliche und lieben trotzdem oder sogar deshalb, weil es gut ist, wie es ist.

Machen Sie weiter so. Danke für die vielen Informationen und Lebensgeschichten.
Ihre Maria

***

Liebe Maria,

Sie haben alles richtig gemacht. Die Nachricht ist einwandfrei bei mir angekommen und ich bedanke mich von Herzen für Ihren wunderschönen Gastbeitrag.
Marcel hat eine grandiose Oma ♥

Herzlich, Ihre Silke

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KOMMENTARE

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  1. Bin auch eine Oma mit einem 8jährigen Enkel mit Asberger. Sie sprechen mir mit ihrem Artikel aus der Seele. Bin auch sehr dankbar für Ellas Blog und hoffe, dass dadurch und auch durch die Gastbeiträge die betroffenen Kinder und ihre Eltern etwas mehr Verständnis erfahren dürfen. In dem Fall ist das Internet auch ein Segen. Alles Gute für Sie und ihre Familie.

  2. Es ist sehr schön, so warme und feinfühlige Zeilen zu lesen…. ich konnte Sie und ihren Enkel vor meinen Augen sehen, wie sie durch den Wald spazieren und es ist wunderbar zu spüren, wie die kleine Geeste der Hand geschätzt wird. Ich wünschte alle Autisten hätten so eine interessierte und warmherzige Oma.
    Danke für diesen Augenblick!?

  3. AN Maria, SIe sind eien mutige Oma, und mir hat Ihr BEitrag gut gefallen. SIe machen mir hier einen liebevollen Eindruck, und Ihre ZEilen berühren mich. MEine Oma ist sher früh gestorben, und sie war auch so liebevoll. BEi ihr habe ich mich angenommen gefühlt mit meienr BEhinderung, und mich in ihrem hAus sehr wohlgefühlt. ICH vermisse sie noch heute sehr. Ihnen alles Gute, und schreiben SIe weiter.

  4. ich muss grad sehr schmunzeln, ich hab meine computerkenntnisse noch vor meiner tochter erworben, war spät mutter, aber früh oma, und bin jetzt mit einigen anderen autistischen und / oder adhs omas in der selbsthilfe aktiv

    „Als Oma hält man sich etwas zurück, man möchte mit seinen altmodischen Ansichten nicht aufdringlich sein“ *hust* hoffentlich liest das mein kind nicht, aber die ist es eigentlich gewöhnt, das ihre mama ihre meinung gut begründen kann, und öfter mal recht hat :-)

  5. Ich weiß gar nicht, was mir besser gefällt, der Gastbeitrag oder die Kommentare dazu…ach, egal. Mir gefällt alles! Den Blog mag ich sowieso. Weiter so :) Liebe Grüße in die Runde

    Beate (Mama einer fast 12jährigen „Aspergerin“ und einer fast 18jährigen Schwester dazu)

  6. Liebe Maria,
    ich habe Ihre Zeilen auch mit Freude gelesen.
    Wir haben selbst einen 9jährigen autistischen Sohn, für den seine Oma (82) die wichtigste Bezugsperson überhaupt ist. Ich wollte Ihnen nur sagen, wie wichtig eine zugewandte Oma für die ganze Familie sein kann. Unsere Oma ist Bezugsperson, Entlastung und Ratgeber. Seien Sie sicher: Ihre Tochter wird Ihren Rat sicher auch schätzen :-)

    Alles Gute und viel Freude mit Ihrer Familie! Rixta

  7. Ich wünsche mir sehr, auch so eine zugewandte Oma für mein Enkelkind zu sein und zu bleiben.

    Im Zusammensein mit meinem Enkel eröffnet sich mir eine neue Welt, er hält mich sehr wach durch seine Reaktionen und fördert mein Bemühen, anzunehmen, was ich nicht verstehen kann und phantasievolle Lösungen zu finden.

  8. Moin und Hallo, ich hoffe als Opa darf ich mich in der Oma-Runde trotzdem zu Wort melden.
    Habe zwei Enkel, 6 und (bald)3 Jahre. Der Große ist Autist. Er ist bis jetzt jedes (bald im Wechsel mit seinem Bruder) Wochenende und wenn Mama im Krankenhaus ist (hat Epilepsie) bei Oma und Opa. Da meine Frau gesundheitlich nicht belastbar ist bin ich die Hauptkontaktperson. Nun zu meinem Verhältnis zu meinem Enkel. Er hat seine speziellen Eigenschaften, Angewohnheiten und Anforderungen. Er lebt teilweise in seiner eigenen Welt und schottet sich nach aussen ab. Aber er ist so anhänglich, so liebevoll dass er inzwischen echt ein Teil von mir ist. Wenn ich dann auf sein Spiel eingehe, seine penible Genauigkeit, sogar beim spielen, akzeptiere, merke ich wie er glücklich ist das da wer ist der ihn so nimmt und nicht ständig sein Spiel kritisiert.
    Obwohl schon 6 muss ich ihn immer auf den Arm nehmen wenn wir wo hingehen. Auf die Frage warum er nicht läuft, kommt die Antwort: das ist so kuschelig. Auch wenn er zwischendurch immer mal einen unkontrollierten Wutanfall bekommt, sich auch nach 30 Min. noch nicht beruhigt hat weil etwas nicht so geht wie er es sich vorstellt, möchte ich ihn nicht missen, auf seine Gegenwart nicht verzichten und ihn gegen niemanden auf der Welt eintauschen. Ich liebe ihn mit seinen Besonderheiten genauso wie seinen Bruder. Manchmal glaube ich sogar noch mehr, und dann habe ich ein schlechtes Gewissen.
    p.s. Danke für diesen Blog und die vielen Infos und Beiträge. Tut immer wieder gut die Inhalte zu verfolgen.

  9. Guten Tag, ich bin noch keine Oma, leider, habe eine Autistische Tochter. Wäre glücklich gewesen mit solchen Großeltern.
    Hoffe sie bleiben so und halten durch.
    Danke!

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