Aus der Praxis: Probleme und Lösungsansätze für die Beschulung autistischer Kinder

veröffentlicht im Mai 2024


Die Diskussion, ob autistische Kinder besser in regulären Schulen oder in Förderschulen aufgehoben sind, spaltet oft die Gemüter und lässt sich aus meiner Sicht nicht pauschal beantworten. Doch unabhängig von dieser Debatte steht eines fest: In jedem Bildungsumfeld stoßen autistische Kinder auf spezifische Schwierigkeiten.
In diesem Beitrag möchte ich mich nicht auf die Wahl des Schulsystems konzentrieren, sondern auf die alltäglichen Herausforderungen, die unsere Kinder überall erleben. Es ist höchste Zeit, dass wir gemeinsam praktikable Lösungen finden, die über bloße Diskussionen und häufige Schuldzuzweisungen hinausgehen und echte Unterstützung bieten.

©Quelle: pixabay, User coyot, Inhaltslizenz, vielen Dank!

Ziel des Beitrags: Verständnis fördern und Lösungsansätze aufzeigen

Die Bildung und Inklusion von Autistinnen und Autisten in das Schulsystem ist ein Thema, das konstant hohe Wellen schlägt – und das aus gutem Grund. Es ist ein Bereich, der für autistische Kinder und ihre Familien oft mit einem enormen Druck verbunden ist. Die Herausforderungen, die sich ihnen stellen, sind vielschichtig und fordern nicht nur Familien, sondern auch Schulen, die in vielen (nicht allen) Fällen durchaus willens sind, Unterstützung zu bieten, aber häufig an Grenzen stoßen. Diese Grenzen sind nicht selten durch einen Mangel an Wissen oder Ressourcen bedingt.

Im Laufe der Jahre habe ich zahlreiche Familien begleitet und aus eigenen Erfahrungen gelernt, welchen Herausforderungen sich autistische Kinder in ihrem Schulalltag gegenübersehen. Ich möchte ein möglichst praxisnahes Bild zeichnen – eines, das zwar nicht alle Probleme abdecken kann, aber doch einige der häufigsten Herausforderungen aufgreift.
Dabei ist mir wichtig, nicht nur die Probleme darzustellen, sondern auch Lösungsansätze vorzuschlagen, die Lehrkräften und Familien helfen können, diese Herausforderungen zu meistern. Am Ende dieses Beitrags stelle ich deshalb auch noch einige Ressourcen vor, die weiterführende Hilfe und Unterstützung bieten können.

Praxisbeispiele: Klischees und ihre Auswirkungen

Die Beispiele, die ich hier vorstellen werde, wurden aus Datenschutzgründen anonymisiert. Sollten Ähnlichkeiten mit realen Personen bestehen, sind diese rein zufällig. Aber wichtig ist dennoch: Die Szenarien, die beschrieben werden, sind keine Einzelfälle. Sie beruhen auf realen Erfahrungen und spiegeln oft wiederkehrende Herausforderungen im Bildungssystem wider, mit denen autistische Kinder, deren Familien und Schulen konfrontiert sind.
Mit den Beispielen möchte ich nicht nur auf die tief verwurzelten Klischees eingehen, die den Problemen oft zugrunde liegen, sondern auch deren konkrete Auswirkungen und mögliche Wege aufzeigen, die Situationen zu verbessern.

Beispiel 1: Kommunikationshürden bei autistischen Kindern

Stellen wir uns den achtjährigen, nicht sprechenden Max vor. Als er in die Grundschule kam, trafen seine Lehrkräfte die wohlmeinende, aber fehlgeleitete Entscheidung, ausschließlich auf verbale Kommunikation zu setzen. Sie glaubten, dass die Förderung von Verbalsprache die einzig erstrebenswerte Form der Kommunikation sei und dass die Einführung alternativer Kommunikationsmethoden, wie Gebärden oder unterstützende Technologien, Max’ potenzielle Fähigkeit zu sprechen untergraben könnte.
Die Eltern, die in therapeutischen Settings durchaus alternative Kommunikationsmethoden förderten, konnten für diese in der Schule nicht erfolgreich werben. Dort wurden die alternativen Kommunikationsformen nicht angeboten, was Max in eine schwierige Lage brachte.

Klischee:
Es besteht oft die Erwartung, dass alle Kinder verbal kommunizieren sollten und dass andere Kommunikationsformen nicht erstrebenswert seien und die Entwicklung der Sprache behindern könnten. Dieses Klischee ignoriert die Vielfalt der Kommunikationsbedürfnisse und -fähigkeiten und die Tatsache, dass jegliche Form der Kommunikation, für die man Freude und Motivation wecken kann, die Sprachentwicklung insgesamt fördert.

Folgen:
Max erlebte eine zunehmende Isolation in der Schule. Er konnte sich nicht ausreichend ausdrücken oder verstehen, was sowohl zu Missverständnissen als auch zu Frustration bei ihm und seinen Lehrkräften führte. Ohne die Möglichkeit, sich angemessen mitzuteilen, konnte Max weder sozial noch kognitiv mit seinen Mitschülerinnen und Mitschülern mithalten. Diese Isolation beeinträchtigte sein Selbstvertrauen und seine gesamte schulische Entwicklung.

Lösungsansätze:
Die Einführung individualisierter Kommunikationspläne, die sowohl traditionelle als auch alternative Methoden umfassen, ermöglicht es nonverbalen Kindern wie Max, sich voll zu entfalten. Dies mag anfangs nach mehr Aufwand klingen, führt jedoch langfristig zu einer effizienteren und zufriedeneren Lernumgebung.
Regelmäßige Schulungen von Lehrkräften, Schulbegleitungen und anderen Mitarbeitenden ist essenziell, um ein tiefes Verständnis für die Kommunikationsbedürfnisse autistischer Kinder zu entwickeln und pädagogische Prozesse zu optimieren. Tablets mit speziellen Apps können den Unterricht für alle (auch sprechende) Schülerinnen und Schüler bereichern und helfen, das Klassenzimmer dynamischer und inklusiver zu gestalten. Auch das Integrieren von Gebärdensprache macht den meisten Kindern Freude. Zu diesen Themen kann man eine Beratungsstelle für Unterstützte Kommunikation einladen und mit Therapeutinnen und Therapeuten kooperieren.
Die Einbindung und offene Zusammenarbeit mit den Eltern stellt sicher, dass die Kommunikationsstrategien sowohl in der Schule als auch zu Hause unterstützt werden. Diese umfassende Herangehensweise minimiert langfristig den Aufwand und maximiert den Lernerfolg und die Zufriedenheit aller Beteiligten. Wie so oft, kommt man am besten voran, wenn alle am selben Strang ziehen.

Linktipp: Beratungsstelle für Unterstützte Kommunikation

Beispiel 2: Ignorieren sensorischer Bedürfnisse

Anna ist eine lebhafte Zweitklässlerin mit einer Vorliebe für stille Aktivitäten wie Zeichnen und Lesen. Ihre sensorische Empfindlichkeit macht die Schule jedoch zu einem täglichen Kampfplatz. Die lauten, hallenden Gänge, das grelle Neonlicht der Klassenzimmer und das hektische Treiben in der Pause setzen ihr enorm zu. Diese Reize, die viele ihrer Mitschülerinnen und Mitschüler kaum bemerken, fühlen sich für Anna an wie eine Flutwelle, die unaufhörlich über sie hereinbricht.
Eines Tages, während einer besonders lauten Pausenzeit, fand eine Lehrerin Anna zusammengekauert unter ihrem Tisch im Klassenzimmer, die Hände fest über die Ohren gepresst. Es war ein deutlicher Hilferuf, den die Schule bisher übersehen hatte.

Klischee:
Oft wird angenommen, dass Kinder wie Anna einfach nur empfindlich sind und dass ihre Reaktionen übertriebener Ausdruck normaler Unannehmlichkeiten sind. Diese Fehlannahme führt dazu, dass ihre tatsächlichen Bedürfnisse nicht ernst genommen und als unwichtig abgetan werden und sich die Situationen immer weiter verschlimmern.

Folgen:
Anna kämpft täglich mit Angstzuständen, die durch die sensorische Überforderung ausgelöst werden. Ihr Schulbesuch wird zur Qual, und ihre schulische Leistung leidet unter der ständigen Belastung. Die Furcht vor dem nächsten Schultag steigt und ohne angemessene Unterstützung droht sogar ein Schulabbruch.

Lösungsansätze:
Eine Option wäre, die Beleuchtung in Klassenzimmern zu dimmen und kleinere Lerngruppen zu bilden, um eine beruhigendere Atmosphäre zu schaffen. Das hilft dabei, die Konzentration während des Unterrichts zu erhöhen.
Weiterbildung für Lehrkräfte und Schulbegleitungen ist ebenfalls wichtig, um eine drohende Reizüberflutung zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren.
Die Einrichtung von Ruhezonen in Schulen bietet Kindern einen Rückzugsort, wenn die Belastung zu groß wird. Diese Ruhebereiche sind entscheidend, um sich zu erholen und anschließend wieder teilhaben zu können.
Eine enge Zusammenarbeit mit den Eltern ist auch hier unerlässlich, um eine durchgehende Unterstützung zu gewährleisten und auszutauschen, wie sich Belastungen des einen Lebensbereichs im anderen Lebensbereich zeitverzögert auswirken. Der Austausch zwischen Schule und Zuhause ist sehr wichtig, um auslösenden Faktoren für Reizüberflutung auf die Spur zu kommen und hilfreiche Strategien zu entwickeln.

Weitere hilfreiche Ansätze findest du in der Broschüre von Autismus Mittelfranken e.V., die ich im Rahmen meiner ehrenamtlichen Tätigkeit dort verfasst habe.
Die Broschüre steht kostenlos zum Download zur Verfügung und kann gegen eine geringe Gebühr von Schulen bestellt werden.

Beispiel 3: Nachteilsausgleiche als vermeintliche Bevorzugung

Felix ist ein elfjähriger autistischer Schüler, der in lauten Umgebungen schnell überfordert ist. Um ihm das Lernen zu erleichtern, erhält er die Erlaubnis, Prüfungen in einem separaten, ruhigeren Raum abzulegen. Diese Maßnahme ist wichtig, damit Felix sich konzentrieren und sein Wissen abrufen kann. Trotzdem wird dieser Nachteilsausgleich von einigen Mitschülerinnen, Mitschülern und Eltern als ungerechtfertigte Bevorzugung betrachtet.

Klischee:
Es gibt die weit verbreitete Annahme, dass solche Sonderregelungen unfair sind und andere Kinder benachteiligen. Dieses Klischee ignoriert die spezifischen Bedürfnisse autistischer Schülerinnen und Schüler und die Bedeutung von Chancengleichheit.

Folgen:
Felix muss sich neben den schulischen Herausforderungen auch mit Missverständnissen und Vorurteilen auseinandersetzen. Diese soziale Ausgrenzung kann zu weiteren emotionalen Belastungen führen und seine schulische Motivation beeinträchtigen.

Lösungsansatz:
Mit dem Vorwurf, dass Schüler mit Nachteilsausgleich einen unfairen Vorteil hätten, muss man sensibel umgehen. Diese Vorurteile können zu sozialer Ausgrenzung und Stigmatisierung führen und sind oft das Ergebnis von Missverständnissen oder mangelndem Wissen sowohl bei MitschülerInnen, den Eltern der MitschülerInnen, als auch bei einigen Lehrkräften.
In solchen Situationen ist es entscheidend, aufklärend zu wirken und zu betonen, dass Nachteilsausgleiche keine Bevorzugung darstellen, sondern einen Nachteil ausgleichen. Eine offene Kommunikation über die Gründe für bestimmte Anpassungen können dazu beitragen, Vorurteile abzubauen und ein unterstützendes Umfeld für alle Schülerinnen und Schüler zu schaffen.

Beispiel 4: Herausforderndes Verhalten führt zum Schulausschluss

Luca ist ein lebhafter und einfallsreicher autistischer Junge. In Stresssituationen, wie zum Beispiel bei lauten Geräuschen oder unerwarteten Veränderungen im Tagesablauf, reagiert er oft mit impulsivem Verhalten. Er kann laut werden, Gegenstände werfen oder auch mal jemanden kneifen oder treten.
Lehrkräfte, Mitschülerinnen und Mitschüler verstehen nicht, warum Luca so reagiert. Sie interpretieren sein Verhalten als rebellisch, gewalttätig oder absichtlich störend. Doch für Luca ist es schwer, seine Emotionen zu kontrollieren und angemessen zu reagieren, wenn er sich überfordert fühlt. Seine Schwierigkeiten, soziale Signale zu verstehen und angemessen darauf zu reagieren, führen oft zu Konflikten und Missverständnissen.

Klischee:
Das weit verbreitete Klischee, dass schwieriges Verhalten absichtlich und durchaus kontrollierbar sei, schadet Luca und seiner Teilhabe in der Schule. Statt Verständnis und Unterstützung sowie eine angepasste Strategie zu erhalten, wird Luca stigmatisiert und ausgegrenzt, er müsse erst einmal „richtig erzogen“ werden, am Verhalten seien die Eltern schuld.

Folgen:
Der Ausschluss aus der Schule ist ein harter Schlag für Luca. Er fühlt sich nicht nur abgelehnt und unverstanden, sondern verliert auch den Zugang zu Bildung und sozialen Kontakten. Die negativen Auswirkungen auf seine Selbstwahrnehmung und psychische Gesundheit sind enorm und können langfristige Konsequenzen haben.
Die Eltern sind mit dem Vorwurf konfrontiert, Schuld an Lucas Verhalten zu sein, so wird die alleinige Verantwortung erstmal dorthin geschoben und führt zu großer Verzweiflung.

Lösungsansätze:
Luca kann sein Verhalten erst ändern, wenn die Bezugspersonen ihre Verantwortung wahrnehmen und die Rahmenbedingungen ändern. Dazu gehören neben den Eltern auch die Lehrkräfte. Lucas Verhalten hat einen Grund und dieser muss gefunden werden, damit anschließend Anpassungen erfolgen können, die Lucas Verhalten nicht mehr nötig machen. Erst dann ist es Luca möglich, sich anders zu regulieren und zu verhalten.
Hier ist also ein Umdenken erforderlich, z.B. unterstützt durch Schulungen für Lehrkräfte und Schulbegleitungen. Statt eines Ausschlusses sollten Schulen Strukturen und Rahmenbedingungen so verändern, dass eine Teilhabe für alle Schülerinnen und Schüler, auch für Luca, möglich wird. Solche Anpassungen sind häufig nicht arbeits- und kostenintensiv (müssen aber erkannt und umgesetzt werden) und kommen auch anderen Schülerinnen und Schülern zugute.

siehe zum Beispiel den
Onlinekurs: „Autismus und herausforderndes Verhalten“ oder
Onlinekurs „Autismus und Schule“
Zeitlich und räumlich flexibel.
Mehrere Zugänge für Träger und Schulen gerne mit Preisnachlass.
Weitere Informationen gerne HIER.

Beispiel 5: Keine „Extrawurst“ für Klassenfahrten

Sophia ist 14 Jahre at und Autistin. Sie liebt es, neue Dinge zu entdecken, aber für sie bedeutet jede Veränderung eine Herausforderung. Sophias Ängste und Schwierigkeiten während einer Klassenfahrt sind vielschichtig. Die Vorstellung einer neuen Umgebung mit unbekannten Geräuschen, Gerüchen und Menschen beängstigt sie. Obwohl sie soziale Kontakte mag, fällt es ihr schwer, sich in großen Gruppen wohlzufühlen. Sie fühlt sich in ungewohnten sozialen Situationen unsicher. Sensorische Reize können sie überwältigen und sie fühlt sich schnell überfordert. Die Veränderung ihrer gewohnten Routine stellt eine weitere Herausforderung dar, da sie Struktur und Vorhersehbarkeit benötigt, um sich sicher zu fühlen. Für Abweichungen zahlt sie einen hohen Preis und braucht mehrere Wochen, um sich zu erholen.
Als Sophia mitteilte, dass sie nicht an der Klassenfahrt teilnehmen würde, stieß sie auf Unverständnis seitens einiger Lehrkräfte.

Klischee:
Einige Lehrkräfte waren der Meinung, dass Sophia sich einfach nur anstrengen und sich an die Situation anpassen sollte, so wie alle anderen Schülerinnen und Schüler auch. Es wurde angenommen, dass ihre Ängste unbegründet seien und dass sie sich letztendlich schon daran gewöhnen würde, wenn sie nur wollte. Ihr wird unterstellt, dass sie ihre Gründe nur als Ausrede benutze, überdramatisiere und sich nur mehr anstrengen müsse.
Die Erwartung, dass alle Schüler genau die gleichen Aktivitäten durchführen müssen, stellt für Sophia eine große Hürde dar. Trotz ihres Wunsches nach sozialer Interaktion ist der Preis einer Klassenfahrt aufgrund ihrer autistischen Besonderheiten zu hoch.

Folgen:
Die Diskrepanz zwischen Sophias Wunsch nach sozialer Verbundenheit und der Realität, dass sie Schwierigkeiten hat, sich in solchen Situationen zurechtzufinden, belastet sie emotional stark.
Die Tatsache, dass ihre Schwierigkeiten von Bezugspersonen nicht ernst genommen werden und sie stattdessen mit Vorwürfen konfrontiert wird, verstärkt dieses Gefühl der Unzulänglichkeit. Sophia fühlt sich missverstanden und allein gelassen, was zu einer weiteren Verschlechterung ihres Selbstwertgefühls führt. Sie zieht sich zunehmend zurück und isoliert sich von ihren Mitschülerinnen und Mitschülern, da sie das Gefühl hat, nicht akzeptiert zu werden.

Lösungsansätze:
Eine umfassende Vorbereitung im Vorfeld der Klassenfahrt könnte helfen. Durch das Kennenlernen der Unterkunft und das Besprechen und Visualisierung des Ablaufs im Voraus können Autistinnen und Autisten Sicherheit gewinnen und besser auf die bevorstehenden Herausforderungen vorbereitet sein. Das könnte auch mit Fotos oder einem kleinen Video passieren.
Die Möglichkeit, eine Vertrauensperson mit auf die Klassenfahrt zu nehmen, kann helfen, sich sicherer zu fühlen. Diese Begleitung bietet nicht nur emotionale Unterstützung, sondern kann auch dabei helfen, Situationen zu bewältigen, die herausfordernd sind.
Es ist wichtig, nach Kompromisslösungen zu suchen. Dies könnte beispielsweise die Teilnahme an bestimmten Aktivitäten sein oder eine tageweise Teilnahme an der Klassenfahrt.

Beispiel 6: Zweifel an der Diagnose und Schuldzuweisung ans Elternhaus

Max bekam nach langer und aufwändiger Diagnosestellung vor kurzem eine Diagnose aus dem Autismus-Spektrum. Die Familie hat bereits eine lange Reise hinter sich, um Max‘ Herausforderungen zu verstehen und ihm die bestmögliche Unterstützung zu bieten.
Als Max in die Grundschule kam, begannen einige Lehrkräfte, seine Diagnose anzuzweifeln und die Schuld für seine Probleme auf die Familie zu schieben. Sie glaubten, Max sei nur schüchtern und seine Herausforderungen seien das Ergebnis von mangelnder Erziehung zu Hause.
Nachteilsausgleiche und den Antrag auf eine Schulbegleitung lehnte die Schule dementsprechend ab.

Klischee:
Autistische Verhaltensweisen werden häufig als einfache Verhaltensprobleme fehlinterpretiert, was dazu führt, dass die besonderen Bedürfnisse autistischer Kinder nicht angemessen erkannt werden. Herausforderungen, denen autistische Kinder gegenüberstehen, werden oft fälschlicherweise auf schlechte Erziehung im Elternhaus zurückgeführt. Diese Annahme führt zu einem Mangel an Unterstützung und Verständnis für die spezifischen Bedürfnisse.

Folgen:
Die Vorwürfe seitens der Schule belasteten die Familie zunehmend. Sie fühlten sich allein gelassen und unverstanden. Max‘ Eltern haben das Gefühl, dass ihre Bemühungen um ihren Sohn nicht gewürdigt wurden und dass sie mit dem Rücken zur Wand stehen. Max selbst spürte die Spannungen zu Hause und begann, sich zurückzuziehen, die Schule zu verweigern und sich zu verschließen.
Die ständige Belastung durch das Anzweifeln der Diagnose und die Schuldzuweisungen an die Familie führten zu einem Gefühl der Hilflosigkeit und Frustration nachdem sie die aufwändige Diagnosestellung durch Fachleute durchlaufen hatten, die nun nicht anerkannt wurde. Sie fühlten sich isoliert und unverstanden, was ihre bereits bestehenden Sorgen um Max noch verstärkte.

Lösungsansätze:
Hier braucht es dringend Aufklärung über das Autismus-Spektrum, insbesondere über die Diagnosekriterien, die einer Diagnosestellung zugrunde liegen. Dieses Verständnis kann dabei helfen, dass die Herausforderungen, mit denen autistische Schülerinnen und Schüler zu kämpfen haben, als solche wahr- und ernstgenommen werden. Zudem braucht es unbedingt eine respektvolle Haltung gegenüber medizinischen Diagnosen, für die Pädagoginnen und Pädagogen nicht qualifiziert sind.
Schuldzuweisungen, die weitere Not verursachen und nicht zu einer vertrauensvollen Grundlage beitragen, können dann unterbleiben.

Teilhabe, Ressourcen und Unterstützung

Wir als Bezugspersonen sind alle in der Verantwortung, die Rahmenbedingungen für autistische Schülerinnen und Schüler so zu gestalten, dass Teilhabe möglich ist und sie ihr Potenzial entfalten können.
Schuldzuweisungen in die eine oder andere Richtung, Bagatellisierungen oder das Absprechen von Diagnosen führen zu nichts und schaden vor allem den Kindern, denen wir eigentlich helfen und die wir fördern wollen.
Deshalb ist es umso wichtiger, dass Lehrkräfte, Schulbegleitungen, Eltern und andere Bezugspersonen offen und konstruktiv zusammenarbeiten, um die bestmögliche Unterstützung für autistische Kinder zu gewährleisten.

Dieser Beitrag umfasst selbstverständlich nicht alle Herausforderungen, mit denen autistische Schülerinnen und Schüler, deren Eltern und Lehrkräfte täglich zu tun haben. Trotzdem hoffe ich, für die eine oder andere Problematik sensibilisieren zu können und die Motivation für mehr Offenheit und Aufklärung vergrößert zu haben. Vielen Dank allen, die bereits vorbildlich diesen Weg beschreiten, denn diejenigen gibt es selbstverständlich auch und ein Dank dafür kommt häufig zu kurz.

Auf Ellas Blog findest du wertvolle Informationen, praktische Tipps und Austauschmöglichkeiten. Von Online-Kursen über kostenlose Broschüren bis hin zum Mitgliederbereich für Eltern bieten diese Quellen eine Vielzahl von Möglichkeiten, um mehr über das Thema Autismus zu erfahren und konkrete Unterstützung für den Bereich „Schule“ zu erhalten.
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